Die Hälfte davon hat mit der Musik zu tun, einer neongrellen Mischung aus zuckrigen Pop-Hooks und der krachenden Powerchord-Abfuhr, die zuletzt im Gefolge der Grunge-Ära zu neuen Ehren kam. Die andere Hälfte hängt mit Sängerin Clem Creevy zusammen, einem Teilzeit-Model, das – ebenfalls ganz 90er-mäßig – die Insignien des Psycho-Babes verinnerlicht hat. “Who should I fuck, Daddi?”, singt sie auf “Daddi”, mit der Stimme einer Hollywood-Unschuld, die am Ende des Films zur Axtmörderin wird. Live kommt der dazugehörige Sound, der sich ohne die Studiopolitur schnell in seine garagigen Bestandteile zerlegt, übrigens besonders kommunikativ daher: Beim Berlin-Konzert im vergangenen Jahr gab es gemalte Vaginen auf und kreischende Mädchen vor der Bühne, denen die inzwischen 21-jährige Sängerin ganz offenbar als Rollenmodell zusagte. “Stuffed & Ready” ist trotz Besetzungswechsels eine ziemlich direkte Fortsetzung des Vorgängers “Apocalipstick” und eine Verbeugung vor allen jugendlichen, wankelmütigen und ambivalenten Gefühlen, die man in Drei-Minuten-Intervallen spürt. “I just wanna drown in my own malaise”, heißt es im letzten Stück “Distressor”, das depressiven Text mit lebensbejahenden E-Gitarren kombiniert. Das ist einerseits der älteste Trick im Handbuch der Popmusik, andererseits saumäßig effizient in den Händen dieser Band. Eine gute Nachricht am Schluss: Ganz bald steht mit dem introspektiveren Debüt von Ex-Cherry-Glazerr-Bassistin Sasami eine Platte von ähnlicher Güteklasse ins Haus.
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I Don't Want You Anymore
VÖ: 29.09.2023