Vor Monaten schon machte dieses Album zum ersten Mal Schlagzeilen, als es, damals noch unfertige Stücke auf einer Festplatte, an der Grenze zwischen Kanada und den USA von den Grenzbeamten einkassiert wurde. Seitdem versucht Chris Walla vergeblich, seine Dateien wiederzubekommen; zum Glück hatte er Backups gemacht. Und letztlich ist er, Verzeihung, auch selbst schuld an der Verzögerung. Nein, es sind nicht die durchaus direkten politischen Texte, die die Ermittler in Atem halten. “I want to see your pro-life bear no exception, you Grand Old Senator”, das ist als Kommentar zur Kombination Irakkrieg und Wahlkampf schon nicht übel, keine Frage. Aber viel wahrscheinlich ist, dass sie seit Wochen dasitzen, sich die Köpfe kratzen und die Krawatten aufrollen und immer immer wieder auf Play drücken. Immer wieder den vielstimmig sakralen Opener “Two-Fifty”, das indierockige “The Score”, die freundliche Single “Sing Again”, das powerpoppende “Geometry &c.” und die sanften Singer/Songwriter-Stücke hören, in der Hoffnung, sie irgendwann begreifen zu können. Death Cab haben sie gründlich studiert und verstehen so langsam, dass für deren weiche Melodien und lieben Arrangements wohl weniger Ben Gibbard als dieser Walla verantwortlich war. Jason McGerr hat er sich zum Trommeln auch wieder unter die Decke geholt. Sogar die federsanfte Stimme klingt geklaut. Immerhin: Es lullt nicht so, ist gekonnt zurückhaltend produziert. Das war er nicht alleine, ausgerechnet, sondern ein Kanadier namens Warne Livesey, deshalb ja der ganze Ärger. Und die Ermittler wühlen weiter in der zerfahrenen Sammlung aus hübschen Liedern, drohen dem unschuldsblickenden Mützenmann auf dem Fahndungsfoto mit den Fäusten und wollen sich nicht eingestehen, dass sie keinen richtig großen Fang gemacht haben.
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Tape Loops
VÖ: 16.10.2015