Christin Nichols
Rette sich wer kann
Die Welt fällt auseinander – und man bucht sich den nächsten “Direct Flight To Seattle”. Zumindest um sich für den Augenblick eines Wimpernschlags wegzuträumen, an einen Ort “Wie New York”: “Alles das, was größer ist, als unser kleines Dorf/ Erscheint uns groß und frei.” Selten wurden Aufbruch und Sehnsucht mit derart unaufgeregtem Gitarrenpop auf den Punkt gebracht.
Das Auf und Ab des Lebens, das im shoegazigen “Morgen willst du mich” anklingt und an Laura Lee & The Jettes (“Absolut”) erinnert, rückt durch die sommerwarme Leichtfüßigkeit von Christin Nichols Singer/Songwriter-Künste in den Hintergrund, bevor “In Ordnung” in bester Post-Punk-Manier alle Hoffnung zu Bruch gehen lässt: “Wenn es hier in Ordnung wäre, dann wär’s nicht wie es ist.” Ein Musik-gewordener Scherbenhaufen, zu dem Die Nerven-Bassist Julian Knoth die dominierende Bassline und den zweiten Part des Duetts beisteuert.
Dieser Zustand kulminiert mit “Citalopram”, dessen trügerische Milde weder über die Anwesenheit des schwarzen Hundes, noch über die Missstände im Gesundheitswesen hinwegtäuscht. Am Ende ist es der New-Wave-Stampfer “5 Minuten”, der einen Ausweg anbietet: tanzen, bis die Sonne aufgeht – mit “Rette sich, wer kann” in Dauerschleife.
Das steckt drin: Antje Schomaker, Florence + The Machine, Laura Lee & The Jettes
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I'm Fine
VÖ: 21.01.2022