Cinematic Orchestra
Man with a Movie Camera
Text: Patrick Großmann
Kann man Musik angemessen visualisieren? Oder Gesehenes in Töne verwandeln? Ja, sagen The Cinematic Orchestra und treiben ihren bilderreichen Instrumentalsound zwischen zirkulär angelegten Strukturen, Jazz-Eleganz und zeitgemäßer, Sample- bzw. DJ-gestützter Dance-Attitüde auf die Spitze. Seinen Lauf nahm das ambitionierte Projekt, als die Musiker Ende 1999 von den Organisatoren des Film Festivals Porto gebeten wurden, einen schrägen sowjetischen Propaganda-Stummfilm aus den Dreißigern zu begleiten – live. Aus einer einmaligen Aktion wurden regelmäßige Auftritte, und irgendwann erschien eine weitergehende Bearbeitung des Scores zu Dziga Vertovs “Man With A Movie Camera” bloß folgerichtig. Herausgekommen ist ein zeitloses, spannendes Stück Kopf(hörer)kino, das den Kaufpreis über weite Strecken bereits ohne mitgelieferte DVD rechtfertigen würde: Warm und weich rollt etwa das traurig-erhebende, Streicher-schwere “The Awakening Of A Woman (Burnout)” aus den Boxen, ohne dabei den nötigen Groove sowie eine Kelle Hammond-Süße vermissen zu lassen. Das schwelgerische, von einem Kontrabass geerdete Jazz-Exponat “Reel Life (Evolution II)” hingegen dürfte bald so manchen Chillout-Room durchfluten, während “Evolution (Porto Edit)” virtuoser zur Tat schreitet. Das rastlose Zentral-Stück “Work It!” mit Vocal-Samples und einer taumelnden Klarinette sowie die diversen Fragmente gewinnen durch den Bilderreigen schon eher an Tiefe. Um sich von diesem Tandem in andere Sphären locken zu lassen, braucht man keine bewusstseinserweiternden Hilfsmittel. Eine etwas übersichtlichere Menüführung und der Hinweis, dass sich einige der Highlights bereits auf dem letzten regulären Album “Everyday” finden, wären da schon eher von Vorteil…