Langsam steigert sich das digitale Zeitsignal in einen Rauchalarm. Explodiert da gleich was? Müssen wir alle sterben? Dann setzen Bass-Drum und Postpunk-Gitarren ein, eine Stimme beginnt zu zischen: Willkommen in Clinics “Winchester Cathedral”. Kein ritterlicher Ort; eher eine Seefahrerkirche im Hafenviertel. Die vier Jungs von Clinic tragen wieder ihre OP-Masken und spielen eine futuristische Wave-Polka. Wer die Band von ihren ersten beiden Platten kennt, dem ist diese Atmosphäre vertraut. Denn so eigenwillig Clinic vom ersten Ton an klingen: Grundformel und Zutaten behalten sie streng bei. So tönt schon bald wieder die gespenstische Melodica zu arabischen Rhythmen, und Sänger Ade Blackburn singt mit hoher Stimme seltsame Dinge über eine Frau namens “Anne”. Später gibt’s noch eine flehende Klarinette, mystische Marimba-Grooves und eine jiddische Weise mit Surf-Gitarren. Wer jetzt an Firewaters globale Zirkusshows denkt, liegt nicht ganz falsch. Nur: Firewater träumen noch immer vom Glanz der Manege. Die steht bei Clinic im Nebel der Hafenmeile, wo sich seit jeher die unwirklichen Gestalten der Welt versammeln. Wehe, man tritt dieser Halbwelt nur am Rande bei. Dann prallt die Wirkung ab wie Wasser an der Regenjacke. Was bleibt, ist allein die plötzliche Wucht des geschickt in der Mitte platzierten Punk-Rockers “WDYYB”, der locker das Niveau alter Wire-Singles erreicht und in seiner einnehmenden Klasse auf dieser Platte unerreicht bleibt.
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