Norwegen mal wieder, war klar. Die können einfach nicht normal. Dem Cover nach zu urteilen, könnte man hier die dicke Rockpeitsche à la Gluecifer oder Turbonegro erwarten, doch ist dies nur eine von vielen falschen Fährten, die die passionierten Quertreiber Cloroform auslegen. Langsam sollte man mal einen Namen erfinden (Fjordrock als nordisches Äquivalent zum Krautrock?) für die eigenwilligen Sounds von Bands wie Wunderkammer und Kaizers Orchestra. Bei diesen beiden spielt auch Cloroform-Bassist Øyvind Storesund, der vom Freejazz kommt, das aber selten durchblicken lässt.
Drummer Børge Fjordheim, der mit exzessivem, aber trotzdem unaufdringlichem Spiel die zwölf Songs souverän im Zaum hält, ist nebenbei noch ein fleißiger Produzent und Komponist, und Cloroform-Mastermind John Erik Kaada, ein Elektroniker mit Vorliebe für Vintage-Instrumente von Casio und Amiga, kennen Freunde abseitiger Sounds von seinen Soloprojekten, Filmsoundtracks und zuletzt der Kollaboration “Romances” mit Vokalterrorist Mike Patton. Bei Cloroform toben sich die Herren schon länger gemeinsam aus, nach fünf in Eigenregie produzierten Alben kommt dank des experimentierfreudigen Frankfurter Indielabels Waggle-Daggle nun auch Deutschland in den Genuss des typischen norwegischen Wahnsinns. Und der baut auch hier auf den Reiz der Widersprüche – nach bedrohlichem Grollen tauchen sie in schmeichelnde Popharmonien ab, mischen knochentrockenen Groove mit minimalistischen Melodien oder lassen dem Rock freien Lauf, wenn man es am wenigsten erwartet. Das ist meist sperrig und spröde, aber nie nervig oder dröge. Und multivielfältig, ohne den Hörer zu überfordern. Anders gesagt: eine Kunst für sich.
dirk siepe 8