Fenster auf, weit rauslehnen: Wer Operation Ivys Hectic-EP und das Energy-Album nicht besitzt, liebt, und in- und auswendig kennt, ist, Entschuldigung, aber das muß einmal gesagt werden, ein dämlicher Ignorant und sollte eigentlich gar nicht mitreden dürfen, wenn die Sprache auf Ska/Reggae-Punk oder kalifornischen Punkrock im Allgemeinen kommt. Energy ist eine der besten, wichtigsten und einflußreichsten Three Chord-Platten aller Zeiten, und wenn ich mich als Mitbringsel für die einsame Insel zwischen dieser Platte und meinem geliebten Hitler Bad, Vandals Good-T-Shirt entscheiden müßte, würde ich ganz schön braun werden. Nach dem Ende der Gilman Street-Legende gründeten Matt Freeman und Tim Armstrong bekanntlich Rancid, Sänger Jesse Michaels nahm die nächste Welle ins Nirgendwo, und die Ankündigung, daß der Gute zehn Jahre später sein nächstes musikalisches Lebenszeichen veröffentlichen würde, nahm ich mit sehr gemischten Gefühlen auf – die sich aber nach ungelogen genau drei Sekunden Hören des ersten Songs Classics Of Love gen Mekka verzogen: The kids are alright what I hear / London calling but I have no fear – und da ist es wieder, dieses Feeling, dieser Vibe! Sonne, Skillz und Attitüde, Jesse hat nichts verlernt. Natürlich atmet Last Wave Rockers mit fast jedem Zug Geschichte, zitiert indirekt oder direkt die Vergangenheit wie in dem Sublime-ähnlichen Dub-Rocker Conscious Burning, wo die Zeile We say stand together exakt wie im Op-Ivy-Überhit Take Warning intoniert wird, doch Jesse, Mass Giorgini und Dan Lumley (of Screeching Weasel-fame) sind gottlob nicht die WAA der guten alten Zeit. Statt charmanter Street-Snottiness ist Last Wave Rockers vielseitig, stimmig und grandios gutgelaunt. 60s-Pop, Saxophon, Orgelshmoove, BuddynHolly-RocknRolly, Sweetheart-Backing Vocals von Teen Idol Heather – alles geht, alles Gott! Und wenn sich Petrus entschließt, daß es die nächsten drei Monate ununterbrochen regnet, kann mich das jetzt auch nicht mehr schocken – ich sonnenbade einfach in diesem Geschenk von einer Platte.
weitere Platten
This Is Unity Music
VÖ: 25.11.2002