Der “lange Weg nach Norden” führt durch gewaltige Klanglandschaften. Survival-Gear vergessen, Kollegium?
Norden, das ist für die Schweden Cult Of Luna gleich Heimat. Und genau so soll man dieses akustische Abenteuer laut Gitarrist und Sänger Johannes Persson auch verstehen: Cult Of Luna folgen einem unentrinnbaren Ruf zu sich selbst, stoßen instinktiv in unbekanntes Territorium vor. Nicht unbedingt musikalisch, ihr landschaftsmalerischer Longtrack-Post-Metal baut sich so raumgreifend, brutal und poetisch auf wie eh und je, die monochrome Kühle des Sounds kennt man etwa vom Metropolis-Konzeptalbum “Vertikal” (2013), und die Idee einer Klangreise hatte die Band auf “Mariner” (2016) meisterhaft im All exerziert. “The Long Road North” aber eröffnet mehr als die bisherigen Platten von Cult Of Luna eine eigene Welt, so naturnah wie unwirklich, deren luftige Höhen, gewundene Flusstäler, tosende Stürme und unwirtliche Öden man als Hörer durchschreiten und kartografieren muss – wie es das Video zu “Cold Burn” eindrucksvoll vormacht. Wer sich darauf einlässt, erlebt in “An Offering To The Wild”, dem Titelstück oder “Blood Upon Stone” Momente von solch hochverdichteter Post-Metal-Intensität, dass diese sich einbrennen wie monumentale Filmbilder.
10/12 Dennis Drögemüller
Neues Cult-Of-Luna-Konzept: Der lange Heimweg nach Norden. Und der will einfach nicht enden.
Bevor man sich aber fragt, wann man denn nun Zuhause angekommen ist, wecken Cult Of Luna mit ihrem Nebelhorn im Opener “Cold Burn” kurz Hoffnungen, sie hätten den Soundtrack zu einem Herr der Ringe-Spin-Off orchestriert. Ziemlich sicher hatten die bei der Schlacht um Helms Klamm im zweiten Teil genau die gleiche Tröte, wobei die Mitte des Liedes, die Stelle ist, an der Gandalf der Weiße seinen großen Auftritt hätte. Im Gegensatz zum Film geht hier dann alles den eingefrorenen Bach hinunter: Nachdem der Song eh schon eine Minute auf sich hat warten lassen, muss nämlich der superschwere Doom ihrer Frühphase nicht enden wollenden Prog-Spielereien weichen. In dieser Hinsicht gibt es auch auf dem Rest des Albums keine Besserung. Das mag zwar was die Produktion angeht über jeden Zweifel erhaben sein, funktioniert aber kaum ohne passende Bilder. Vor allem dann, wenn so ruhige Stücke wie “Into The Night” mit Klargesang und pathetischen Zeilen aufwarten wie “To escape the suffering we keep our emotions at a distance/ So far away that our skin becomes our fortress”. Wer wünscht sich aktuell denn nicht, dass das Leiden langsam vorüber wäre, aber wann dürfen wir endlich nach Hause?
5/12 Jonas Silbermann-Schön
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