Todestage als Momente der Einkehr. Als Stefan Remmler kürzlich über sein Jugendidol Presley referierte, fiel mal wieder das Stichwort des unsterblichen Rock’n’Roll. Die Hülle des King ist vergänglich, aber sein Geist lebt weiter in Menschen wie Ian Astbury. Dessen Stimme ist hörbar in die Jahre gekommen, klingt dabei aber noch besser als ohnehin. Dass Astbury manchmal am Rande zur Schieflage balanciert, macht sich schon im Opener und Titeltrack bemerkbar. Macht aber nichts. Selbst in der stimmlichen Brüchigkeit eines Johnny Cash rechtfertigt Astburys Kult-Organ das Technikdefizit. Zu hören ist das auf dem Weg zum “Holy Mountain”, bei dem tiefe Melancholie am Steuer und der Man In Black auf dem Beifahrersitz sitzt. Warum The Cult sieben Jahre nach dem letzten Album schon wieder ein Klassiker gelungen ist, wird weitgehend unerklärlich bleiben müssen. Ein Track in der Härte von “Beyond Good And Evil” findet sich hier nicht, stattdessen kehren The Cult zu den simpelsten Handgriffen des Rock überhaupt zurück. Den XXL-Verzerrer hat Billy Duffy wieder eingemottet, er gibt lieber Vollgas im Rückwärtsgang. “Dirty Little Rockstar” lebt auf wundersame Weise von zwei ultrasimplen Riffs und einer einfachen Gesangslinie – lean management im Dienste des Songwriting. “Illuminated” verführt mit Rock aus besseren Zeiten, “Tiger In The Sun” liefert die deutlichste Referenz an einen Bandsound, der sich immer wieder neu zu erfinden scheint. Warum rocken The Cult so? Weil sie einen verstehen lassen, warum Rock’n’Roll unanständig ist.
weitere Platten
Under The Midnight Sun
VÖ: 07.10.2022
Hidden City
VÖ: 05.02.2016
Choice Of Weapon
VÖ: 18.04.2012
Beyond Good And Evil
VÖ: 04.06.2001
Best Of Rare Cult
VÖ: 30.10.2000
The Cult
VÖ: 10.10.1994
Ceremony
VÖ: 23.09.1991
Sonic Temple
VÖ: 10.04.1989
Electric
VÖ: 06.04.1987
Love
VÖ: 18.10.1985
Dreamtime
VÖ: 31.08.1984