Von einem Bruch zwischen Mangans letztjährigen Album “Nice, Nice, Very Nice” und “Oh Fortune” zu schreiben, wäre aber zu viel des Guten; stattdessen muss man hier von einer Weiterentwicklung oder, oberlehrerhaft, von Lernfähigkeit schreiben. Mangan macht auf seinem dritten Album die Dinge richtig, die er auf seinen ersten beiden Platten noch versiebt hat. “Oh Fortune” lässt sich nicht reduzieren auf die traurigen und einsamen Lagerfeuer-Übungen eines handelsüblichen Singer/Songwriters, sondern zeigt Mangan in seinen glücklichsten Momenten, die er bisher noch niemandem zu zeigen gewagt hatte. Es sind Momente von Melodie und glückseliger Euphorie, die die Stärken der Platte ausmachen und einen mitnehmen auf einen einsam-romantischen Trip in die weite Ferne. Es ist kein holpriger Ritt auf einem störrischen Maultier, sondern eine Entdeckung im Trab: Nicht zu schnell und auch nicht zu langsam, gemütlich und doch fordernd. Den Weg und das Ziel vor dem Auge, aber empfänglich für die Entdeckungen abseits des Weges. Der Klangraum zwischen anmutiger Kammermusik, bitterem Country und blumigem Folk erfüllt gleichsam Herzen mit Freude und Augen mit Tränen, denn es sind die vielen schönen kleinen Momente und Mangans spürbare Liebe zum Detail, die das Wesen von “Oh Fortune” ausmachen. Hier wird an nichts gespart: dekorative Opulenz, ästhetische Trauer, Sturm und Drang. Hier die großen und schroffen Oasis-Gitarren aus trotziger Euphorie, dort die eine liebevoll durchkomponierte Melodien, die einen an den letzten angenehm stillen Moment des eigenen Lebens erinnert. Wir kommen nicht drum herum, Mangan hat mehr als die genreübliche Rauschebart-zu-fettigem-Haar-Kombination drauf. Er überwindet unsichtbare Grenzen und knüpft mit seiner großartigen Band einen dichten und farbenfrohen Teppich, der an die Wand und nicht auf den Boden gehört. Er pflanzt eine zarte Pflanze und erntet gleich darauf ihre Früchte, um sie an uns zu verteilen. Und wir können sie genießen, denn Mangan ist keine falsche Schlange, sondern tatsächlich ein Wohltäter. Er schafft große Momente mit bescheidenen Mitteln und schroffem, unaufdringlich authentischem Folkrock. Sein grandioser Festivalsommer (siehe Haldern Pop und Orange Blossom Special) hatte diese Weiterentwicklung versprochen. “Oh Fortune” löst sie ein. Endlich und keinen Tag zu spät.
weitere Platten
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