Denn zweifellos gehört viel Mut dazu, ein ganzes Album aufzunehmen, das nur aus einer dezent gezupften Akustischen, einer Stimme und vereinzelt tröpfelnden Violinen, Lapsteel-Gitarren und Kontrabässen besteht. In Berlin entstand “Cold White Earth”, als Ergebnis einer spontanen Einladung eines Freundes in ein Kellerstudio. Dort standen lediglich ein altes Mono-Mikro und eine Bandmaschine, und los ging’s: Die Riffe perlten aus den Fingern, die Melodien setzten sich dazu, auch ein paar Gastmusiker, die spärliche Klangausgestaltung in bester Americana-Manier lieferten. Das Ergebnis trägt bei aller Reduktion raumgreifende Züge einer verlassenen Wüste bei Sonnenuntergang, von verlorenen Hütten in schneebedeckten Bergen und einem einsamen Mann am Feuer. Mit Jud, geschweige denn mit Clemmons’ früherer Metal-Vergangenheit – man erinnere sich nur an Damn The Machine – hat “Cold White Earth” jedenfalls überhaupt nichts mehr gemein. Es ist vielmehr eines dieser Alben, wie man sie sonst nur aus Nashville oder vielleicht Omaha erwarten würde, wo gute Songwriter ihre Songs so aufs Band bannen, wie sie ihnen erst Stunden zuvor einfielen. In den meisten Fällen gelingt es Clemmons, mit diesen simplen Mitteln viel Tiefe und Intensität zu erzeugen; nur dann und wann hängt die Stimme doch etwas zu verloren zwischen den Boxen oder man vermisst den Zusammenhalt eines Songs. Eines jedoch ist völlig unverständlich: Warum ein solches Album für kalte, karge Winternächte ausgerechnet zum sich nun endlich einstellenden Sommer erscheint.
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