David Judson Clemmons
Life In The Kingdom Of Agreement
Text: Patrick Grossmann
Noch in bewährter Fullbliss-Besetzung mit Koblenz-Ikone Guido Lucas am Pult eingespielt und nun aufgrund interner Querelen schließlich doch unter eigenem Banner veröffentlicht, stimmt die aktuelle Platte des ehemaligen Jud-Kopfes zuallererst nachdenklich mit ihrem unwägbaren Artwork. Die Unwägbarkeit findet sich nämlich eins zu eins in der unterkühlten Klangästhetik wieder, die dem Hörer eine Distanz zum Geschehen aufzwingt. Distanz aber ist gewissermaßen der Gegenspieler der Emotion – und ohne die funktioniert die Musik dieses Mannes nicht. Der in Amerika von Clemmons mit Joe Floyd (der damals schon Juds Meisterstück “Chasing California” betreut hatte) angefertigte Remix macht bestenfalls partiell Sinn, weil er oft auf Kosten der Organik und Zerbrechlichkeit geht. Zudem kann auch die voluminöseste Eighties-Hallschwade nicht darüber hinweg täuschen, dass die Tiefe und kompositorische Dichte von “This Temple Is Haunted” leider nur das jenseitig schimmernde “Beautiful You”, die von Feedbacks und einer Geige durch die Nacht geführte Zeitlupen-Schlaufe “The Shores” sowie – alles überstrahlend – “To Leave This Room” erreichen. Der Rest bleibt seltsam bleiern und ziellos in seiner allgegenwärtigen Deprimiertheit. Sicher: Da ist Clemmons’ Gänsehautstimme, finden sich Momente, die einiges vergessen machen. Zeitlos schöne, allem entrückte Bruchstücke. Aber eben auch Durchschnittliches wie “Undimmed”, der uninspirierte Rumpelrock von “The Perfect Life Is Here” oder das in seinem formalen Minimalismus lähmende “Scars II”. Kleine Anekdote am Rande: Als Fullbliss-Bassist Björn Werra sich in Floyds Neubearbeitungen nicht ohne Murren wiederfand, wurde ihm kurzerhand der Ausstieg nahe gelegt. Soviel zum “kingdom of agreement”.