Sich künstlerisch einzuschränken, kann man dem verschrobenen Quintett noch weniger als zuvor vorwerfen. Völlig furchtlos bedienen sich Bandkopf Torre Florim und Konsorten bei den Konventionen aller möglichen Musikgenres und passen sie ihrem knorrig-rumpeligen Wüstenrock an. Der mit dem dritten Album “I_Con” deutlich gesteigerte Einsatz von Retro-Synthesizern entpuppt sich dabei als Durchgangsstation; auf “O” piepst, blinkt und klingelt es noch deutlich häufiger. Woanders mag das seifigen Plastik-Kitsch zur Folge haben, im De-Staat-Kosmos führt es unweigerlich zu Kuriositäten wie “Murder Death”: Schamanischer Singsang und staubige Riffs kollidieren hier in schummriger Saloon-Atmosphäre mit einem Soundtrack von John Carpenter. Noch toller treibt es “Get On Screen”, das einen Disco-Stampfer samt technoider Filter-Sweeps mit den Mitteln einer Rockband verwirklicht. Doch nicht nur der zu erwartende Wahnwitz blüht auf “O” wieder hemmungslos auf, auch ihrem bissigen Humor bleiben die Holländer treu. Torre Florim nimmt diesmal mit Vorliebe und viel Ironie digitale Zeiterscheinungen wie Selfie-Zwang oder die Folgen von Dating-Algorithmen aufs Korn und zieht in “Blues Is Dead” mithilfe eines hüftsteifen Shuffle-Beats und spöttelnden Synthies Bluesklischees durch den Kakao: “Woke up this morning/ Went back to sleep”. Das vielleicht größte Kunststück im bunten De-Staat-Zirkus bleibt dabei, dass “O” nie albern oder nach einem zu ambitionierten Projekt klingt, sondern stets wie eine clevere, eingängige und eben mutige Rockplatte.
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