Die Konstellation an sich ist nicht neu: In England teilt Steve Wilson mit Porcupine Tree seinen kreativen Spielraum mit befreundeten Akteuren, ohne dabei die Zügel aus der Hand zu geben. Das französische Alt-Prog-Projekt Demians klingt wie eine Band, obwohl mit Chapel letztlich nur ein Songwriter das Sagen hat. Genau daran kränkelt Mute mitunter trotz seines hohen spielerischen Niveaus: Kopf und Körper haben ein abweichendes Schritttempo, flüssig funktionierende Songs biegen wie in Swing Of The Airwaves immer genau dann in Richtung Intellekt ab, wenn kollektiver Kontrollverlust angesagt wäre. Eine gut durchtrainierte Rhythmusfraktion treibt ihren Gitarristen Chapel vor sich her, mit etwas mehr Aggressionspotenzial hätte man die frühen Faith No More vor sich. Jede Form von Gesang könnte theoretisch darauf funktionieren, vom Death-Metal-Growl bis zum fragilen Elfengesang. Dass Sänger Chapel zwischen moderaten Rock-Vocals und brüchigem Flüstergesang pendelt, wirkt dagegen beinahe wie eine Spaßbremse. In Porcelain zeigt der Maestro, dass ihm eigentlich der multiinstrumentale Eklektizismus am Herzen liegt. Zu surrender Percussion jongliert er mit Melodie-Puzzleteilchen, die nur von einem hintergründigen Klavierthema zusammengehalten werden. Black Over Gold besteht als minimalistische Pianoballade, die ohne tonale Zentren oder gar zitierfähige Refrains klarkommt. Audiophile Kopfhörerfreunde werden in Mute einen weiteren Abflugplatz ins Traumland entdecken können, die New-Prog-Fraktion hat aber schon spannendere Alben erlebt.
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Building An Empire
VÖ: 16.05.2008