Denison Witmer
Anything At All

Bereits der erste Eindruck ist einer des Wiedererkennens. Die eindrucksvoll verschachtelten Arrangements voller Holzbläser, präparierter Klaviere, Glockengeläut und Call-and-Response-Chöre erinnern schon im Opener an “Illinois”, eines der vielen Meisterwerke von Denison Witmers langjährigem Freund und Labelchef Sufjan Stevens. Dieser hat auch alle zehn Songs des Albums produziert. Gleich an mehreren Stellen hört man Stevens Stimme deutlich aus dem Chor heraustreten.
Was vermutlich als kluger Promo-Stunt gedacht war, entpuppt sich jedoch als Problem. Denn im direkten Vergleich kann es Witmer mit der emotionalen Dringlichkeit von Stevens Stimme nicht aufnehmen. Niemand könnte das. Auch die Texte fallen gegenüber der dunklen Poesie seines Freundes deutlich ab. Es fehlt Witmers Songs schlicht jene Abgründigkeit, die Alben wie “Carrie & Lowell” zu den besten ihres Genres macht. Stattdessen erinnern die primär in Dur gehaltenen Arrangements teilweise an die Arglosigkeit von Kinderliedern.
Das alles macht “Anything At All” zu keinem schlechten Album. Als Vehikel für 35 Minuten wohlige Weltflucht erscheint die Platte sogar ideal. Es ist lediglich ein von Witmer selbst heraufbeschworener unfairer Vergleich, der sie etwas erblassen lässt.
Das steckt drin: Neil Halstead, Elliott Smith, Sufjan Stevens
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