Die Goldenen Zitronen
Die Entstehung der Nacht
Text: Carsten Sandkämper
Klar ist, dass nichts klar ist. Schorsch Kamerun, zickig wie immer, ergeht sich in mal mehr, mal weniger kryptischen Rundumschlägen durchs Private und wie nebenbei Aufgeschnappte. Die dabei entstandenen Texte reiben sich in gewohnter und höchstens scheinbarer Unordnung aneinander und treffen wie zufällig immer genau ins Schwarze, ins “ganz genauso isses”. Tanzbares Banker-Bashing in einer Sprache, die wir im Öffentlichen schmerzlich vermissen, seit Silbermond zum lyrischen State of the Art der deutschen Popmusik erhoben wurden. Und auch dieser Umstand wird an den Hörnern durch den Ballsaal geschleift, wenn in “Aber der Silbermond” oder “Lied der Medienpartner” passgenaue Phrasen aus den Untiefen der entvölkerten Musikbiz-Flure den Druck beschreiben, der im neumedialen Nichts der Social Networks aufgebaut wird, um geist- und haltungslose Scheiße zu vermarkten. Fast zwangsläufig findet jede Proklamation ihre Entsprechung in der Aktualität. Grandiose Ausflüge in den musikalischen Jetset finden sich im funky “Drop The Stylist”, das von The-Pop-Group-Gründer und On-U-Sound-Legende Mark Stewart im Quasiduett mit Melissa Logan von Chicks On Speed veredelt wird, und in der intimen Interpretation von Melanies “Beautiful People”, Nico-esk gesungen von Michaela Mélian. Ganz behutsam erweitern Kamerun, Block, Palluca, Rath, Reents und Gaier mit “Die Entstehung der Nacht” ihre musikalische Weltgeschichte über sich selbst hinaus. Auch wenn es Quatsch ist, sei folgende Slogan-Entlehnung erlaubt: “Aus der Krise hilft nur Gold.”
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