Mit “Das bißchen Totschlag” haben Die Goldenen Zitronen sich und ihren ehemaligen Fun-Punk 1994 nicht nur als widerborstigen Diskurs-Post-Punk mit Elektrobeats und noisigen Jazz-Versatzstücken radikal neu erfunden, sondern auch den schmerzhaftesten Soundtrack des wiedervereinigten Deutschlands auf dem Weg ins neue Jahrtausend geliefert – im Schein der lodernden Flammen infolge der rechtsradikalen Anschläge von Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen. Was damals noch vom Mainstream am liebsten als gesellschaftliche Anomalie wahrgenommen werden wollte, hat sich im sich wandelnden globalen Klima der Angst, Gier und Xenophobie längst in eine Hassspirale verwandelt, die von Demagogen und Populisten kaltlächelnd angetrieben wird. Die Antworten der Goldenen Zitronen darauf sind Bloßstellung und Spott. Mag sein, dass die Kritik zutrifft, die Band sänge nur für diejenigen, die ohnehin schon auf ihrer Seite stehen, aber genau diese Leute brauchen jetzt diese lässig-treffsicheren Fragen (“What? Who? Why? Me?”) und Erwiderungen (“Du siehst aus wie Katakombe/ Dein Look ist nicht gerade Bombe/ Dafür trägst du einen Fetisch/ Dein Gelaber – megaepisch”), Analysen (“Nützliche Katastrophen”, “Die Alte Kaufmannsstadt”, “Juli 2017”), Abgrenzungen (“Gebt doch endlich zu, Euch fällt sonst nichts mehr ein”, “Mauer bauen”), und auch die Selbstkritik (“Es nervt” feat. LaToya Manly Spain). Tut alles mindestens noch genauso weh wie vor 15 Jahren und ist immer noch genauso unverzichtbar.
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