Auch nach dem Wechsel von ‘Sub City’ zu ‘Fat Wreck’ haben sich Dillinger Four nicht nennenswert verändert – sie bleiben Amerikas vielleicht beste Punkrock-Band. Das Quartett aus Minneapolis besticht weiterhin mit extrem cleveren und humorvollen Lyrics, deren Doppelbödigkeit sich wohl nur Muttersprachlern so richtig erschließt, treu geblieben sind sie auch ihren Marotten, die Songs mit unpassenden Samples und überlangen Titeln zu versehen. Und gerockt wird hier natürlich sowieso immer noch wie Sau. Gut so, denn großartige Stil-Korrekturen waren bei Dillinger Four ohnehin nicht nötig, immerhin zählen die beiden bisherigen Alben und die Compilation “This Shit Is Genius” zum besten, was die amerikanische Punkrock-Szene in den vergangenen Jahren hervorgebracht hat. Anhänger der Band können hier insofern bedenkenlos zugreifen, wer sich erst noch anfixen lassen möchte, sollte “D4 = Putting The ‘F’ Back In ‘Art’” anchecken, einen Ohrwurm, der nicht zuletzt von Patricks feister Stimme getragen wird, oder auch “labourissueinthetoydepartment”, wo das Wechselspiel der beiden Sänger Eric Funk und Patrick Costello ganz besonders gut funktioniert. Bleibt nur zu hoffen, dass die erste Europa-Tournee dieser außergewöhnlich dynamischen Band das hält, was “Situationist Comedy” mal wieder verspricht.
Falk Albrecht 10
Vielleicht liegt es am mangelnden Punk-Verständnis des Autors dieser Zeilen, aber was an “Situationist Comedy” ist denn nun besser als der Output von so vielen anderen Durchschnittspunkcombos oder den verhassten US-Sell-Out-Kids? Der einzige Unterschied scheint die hier gezeigte Charakterlosigkeit, denn Dillinger Four bieten nicht einmal Angriffsfläche – und sollte Punk nicht genau das tun? Meist uptempo knüppelt man sich durch 34 Minuten mit mal abgedämpften, mal bratenden Gitarren, wie immer leicht verzerrtem Bass und Sängern, die stetig um einen angepissten Eindruck bemüht sind, aber bis auf die knackigen “A Floater Left With Pleasure In The Executive Washroom” und “D4” gesichtslos bleiben. So uninnovativ wie die Musik ist auch das Artwork: Auf dem Cover ist ein Typ mit Gorillamaske hinter Mucker-Equipment und vor einer Ami-Flagge zu sehen, hinten drauf ein trägt ein kleines Mädchen eine Torte, auf der eine Pistole liegt – wen soll das denn noch schocken? Es gibt viel zu viele gute Punkplatten, als dass diese irgendwas besonderes sein könnte.
Jochen Schliemann 6