Der Grat zwischen smartem Humor und plattem Gewitzel ist hauchdünn. Deswegen versuchen die meisten Gitarrenbands sich gar nicht erst daran. Bei The Dirty Nil gehört das Augenzwinkern allerdings seit ihrem Debüt “Higher Power” mit Songs wie “Wrestle Yü To Hüsker Dü” fest zur Band-DNA. Selbst wenn sich der Sound des Trios innerhalb der vergangenen vier Jahre von fuzzignoisigem Indiepunk emanzipiert hat, ihr sarkastisches Schmunzeln ist geblieben. Wie sonst würde ein Song wie “Doom Boy” funktionieren? Der täuscht erst ein waschechtes Thrash-Intro vor und schließt damit den Kreis zum Metallica-Cover auf “Master Volume”, nur um dann mit dem Kopf voran in die 90er-College-Rock-Party zu poltern und sich nach neuen Drinks zu erkundigen. Wenn Luke Bentham wie im dazugehörigen Video in nietenbeschlagener Weste “Do you delight in rule breaking, dancing to Thrash and hailing Satan?” singt, beschwört er damit den Geist der Gegenkultur herauf, auf den sich so viele musikalische Versatzstücke der Band beziehen. Bevor es aber zu selbstverliebt und gewollt cool wird, reißen The Dirty Nil den Rockaltar lieber mit einem lapidaren “Listen to Slayer in the back of my Dodge Caravan/ It’s my mom’s Dodge Caravan” wieder ein. Genau diese Balance zwischen dem mehr als bewussten Bezug auf schon graue musikalische Vorreiter und der Scheiß-drauf-Attitüde von Junggebliebenen ist es, die “Fuck Art” immer ein paar Zentimeter über dem Boden der Tatsachen schweben lässt. In die Lücke schiebt die Band sowohl den vor Klischees nur so triefenden Thrash-Rocker “Ride Or Die” mit Textzeilen wie “You’re my ride or die/ The Bonnie to my Clyde” als auch den leicht unheimlichen Weezer-Gedächtniswalzer “The Guy Who Stole My Bike”, in dem Bentham dem Dieb seines Fahrrads zu ominösen Gitarren eine Abrechnung in der Hölle androht. Selbst denjenigen, die nach “Higher Power” ausgestiegen sind, werfen Bentham, Schlagzeuger Kyle Fisher und Bassist Ross Miller noch ein paar Versöhnungsbrocken hin. Den geradeaus stampfenden punkigen Power Pop von “Jealousy” etwa oder “Damaged Control” mit seinem am Stoner entlangschrammenden Intermezzo in der zweiten Songhälfte. Trotz der musikalischen Rückbesinnungen ist “Fuck Art” definitiv die durchproduzierteste Platte der Band, trotz widriger Aufnahmebedingungen und nur an zwei Tagen eingespielten Gitarrenspuren. Noch klappt es mit dem Spagat zwischen Stadion und Spelunke, auch wenn die Tendenz zu ersterem immer deutlicher wird. Vom Tresen wird man das Trio trotzdem nicht so schnell wegbekommen, schlagen Dirty Nil im Closer “One More And The Bill” doch vor, mal vor die Tür zu gehen und sich von den toxischen Auswüchsen in den sozialen Medien zu distanzieren. Gleichzeitig enden Song und Platte aber mit quietschenden Gitarren und den Worten “One more and the bill/ I’ve got a lot of things to drink about, dream about and run away from”. Die Flucht nach vorne also, aber mit jenem Augenzwinkern, das wenige junge Bands so beherrschen wie The Dirty Nil.
weitere Platten
Free Rein To Passions
VÖ: 26.05.2023
Master Volume
VÖ: 14.09.2018
Minimum R&B
VÖ: 28.04.2017
Higher Power
VÖ: 26.02.2016
Cinnamon
VÖ: 29.08.2014