Die Multiplatin-Band aus Chicago zeigt sich rundum verbessert, aber vor allem Sänger Dave Draiman macht das zweite Album zum Erlebnis für Anhänger brachialen Rocks. “Believe” ist, wie schon “The Sickness” vor zwei Jahren, ein sehr aggressives, von stakkato-artigen Rhythmen geprägtes Album zwischen New Rock und klassischem Metal. Gitarrist Dan Donegan und Bassist Fuzz bilden, angetrieben vom dynamischen Drummer Mike Wengren, eine beeindruckend geschlossene Einheit, die im Vergleich zum Vorgänger noch einige Grade an Heavyness zulegen konnte; “Rise” ist, was diesen letzten Aspekt angeht, besonders imposant ausgefallen. Erneut von Johnny K und der Gruppe selbst produziert, walzen sich die gut 47 Minuten tight und bullig durch die Boxen. Der Sound weist zudem genügend Tiefe auf, um bei ruhigeren Momenten wie der emotionalen Halbballade “Mistress” und dem abschließenden, sphärischen Mini-Epos “Darkness” nicht an Kraft und Intensität zu verlieren. Den entscheidenden Schritt vorwärts bringt die neuen Stücke – und damit auch Disturbed als Ganzes – jedoch Frontmann Dave Draiman. Egal ob bei harten und düster abgehackten Krachern wie “Prayer” sowie “Intoxication” oder hymnisch und deutlich harmonischer angelegten Liedern à la “Remember” und “Breathe” – der Mann thront mit seinem Organ über dem muskulösen Instrumentalteppich der Kollegen und haucht der oft nahe am Mechanischen schrammenden Musik immens viel Menschlichkeit ein. Scheinbar mühelos zwischen gefühlvoller Intonation und brutalem Gebrüll changierend, gehört der Glatzkopf mit dieser Leistung nun eindeutig zu den Führenden seines Faches.
9/12 Quintus Berger
In Amerika gibt es tausende von Bands, die sich zwar einigermaßen erfolgreich auf ihrem Heimatmarkt behaupten können, deren Alben in Europa aber gar nicht erst erscheinen, weil es sich für die Plattenfirmen schlicht nicht rechnet. Dagegen, dass die Labels ihre Veröffentlichungen unter kommerziellen Gesichtspunkten auswählen, ist auch gar nichts einzuwenden, dennoch sollten die zuständigen Herrschaften in den Chefetagen der Musikindustrie mal überlegen, ob sie in ihre Überlegungen nicht noch einen humanitären Aspekt einbeziehen. Dann nämlich müsste man sich hierzulande gar nicht erst mit einem seelenlosen Designer-Metal-Machwerk wie “Believe” rumplagen, das man durchaus als akustische Körperverletzung empfinden kann. Denn auch auf ihrem Zweitwerk vereinen Disturbed alles, was an der garantiert originalitätsfreien New-Metal-Nachhut verabscheuungswürdig ist: langweilige Songs, peinliche Posen, Riffs vom Reißbrett, humorloses Pathos und eine Attitüde, die auch bei Pazifisten Gewaltphantasien weckt. Wirklich notwendig ist das Ausleben solcher Phantasien aber nicht, immerhin müssen die Herren von Disturbed ihre Songs fast täglich auf die Bühne bringen. Und das ist eigentlich schon Strafe genug.
3/12 Falk Albrecht
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