Drahla
Angeltape
Text: Carsten Sandkämper | Erschienen in: VISIONS Nr. 373
Die Inspiration für ihre unruhigen Disharmonien und von Saxofon torpedierten Riffs finden Drahla im 80er-Artrock von Bands wie This Heat, Pere Ubu oder Henry Cow. Damit atmen sie den gleichen Geist wie New-Wave-Post-Punk-Gruppen wie Shame, Squid oder Fat White Family. Es ist ein nonkonformer Sound mit dem Mut zu Hässlichkeit, unruhigen und komplexen Rhythmuskaskaden und schmucklosem Sprechgesang.
Was “Angeltape” zu einem interessanten Album macht, ist die Verortung zwischen Struktur und Improvisation. Hier wird das stumpfe Riffstakkato durch verkürzte Takte wie in “Under The Glass” aufgebrochen, dort versinken Songs wie “Zig Zag” in avantgardistischen Band-Schleifen. Während sich der neue Gitarrist der Band, Ewan Barr, im Stop-and-Go-Hit “Second Rhythm” mit einer geradezu besoffenen Hookline hervortut, klingt das folgende “Talking Radiance” wie ein Clash aus Ian Dury, Talking Heads und Killing Joke.
Die ordnende Größe im Wirrwarr ist die unterkühlt monotone Stimme von Sängerin und Gitarristin Luciel Brown, vor allem im synthetisch aufgeladenen Noise von “Lipsync” und dem wunderschön schöngeistigen Ausreißer “Venus”. Angesichts des wunderbaren musikalischen Chaos, das auch fünf Jahre nach dem ersten Drahla-Album “Useless Coordinates” in der Band steckt, muss man sich diesen Namen merken.
Das steckt drin: Fat White Family, Squid, This Heat
weitere Platten
Useless Coordinates
VÖ: 03.05.2019