Ende der 80er: John Reis und Rick Froberg kennen sich schon als Teenager. Unter dem Einfluss der Musik des Labels SST gründen die beiden ihre erste Band Pitchfork. Ein paar Jahre später, die 90er sind gerade angebrochen, erlebt John Reis den kreativen Overkill. Fortan wird er als Speedo mit Rocket From The Crypt eine beachtliche RocknRoll-Laufbahn einschlagen, gründet aber zeitgleich mit Froberg Drive Like Jehu. Dazu stoßen Bassist (und Chemiker) Mike Kennedy und Mark Trombino, der irgendwann Jimmy-Eat-World-Intimus und danach erfolgreicher Produzent wird. 1991 bündeln die vier ihr Talent für ein unbetiteltes Album mit seltsamem Klebeband-Design und gemalten Regenwürmern. Frobergs Werk ist das, und nicht das letzte Album, das er designen wird. Selbst für The Robocop Kraus hat er mittlerweile ein T-Shirt-Motiv entworfen. Aber das gehört hier nicht hin. Denn: Es gilt sich einer Platte zu nähern, die zwar unermesslich einflussreich ist, trotz allem aber ein unverschämtes Underground-Dasein fristet. Dabei darf man sagen, dass Drive Like Jehu ähnlich maßgeblich für die Evolution des Posthardcore (und dessen Brüderchen Emo) verantwortlich sind wie das DC-Urgestein Fugazi und Brooklyns Quicksand. Zu Lebzeiten werden Drive Like Jehu schlichtweg unterschätzt. Es fehlt an Termini für diesen fummeligen, komplizierten Gitarrenrock mit seinen schrägen Songstrukturen und komplexen, ungeraden Rhythmen. Rau und angepisst singt Froberg. Er spiegelt die Wut, die schiere Intensität des Punk wider. Aber Punksongs sind weder fünf, sechs, sieben noch neun Minuten lang. Die von Drive Like Jehu schon. Das ist Punk und Prog gleichzeitig. Geht das überhaupt? Anscheinend schon. Mit dieser Platte wird ein neuer Sound geboren. Grimmig, unverwechselbar, aufregend, manisch, getrieben und revolutionär. Die Nachahmung folgt auf den Fuß. “Wir hätten uns eigentlich At The Drive-Like-Jehu nennen müssen, so sehr haben wir uns an dieser Band orientiert”, verrät Cedric Bixler. In Bear Vs. Shark, …Trail Of Dead, Division Of Laura Lee, Hot Cross, den frühen Hot Water Music und The Robocop Kraus aber auch den Queens Of The Stone Age lebt das Revolutionspotenzial von Drive Like Jehu fort. Die Band Bullet Train To Vegas hat sich gar nach einer Single der Band aus San Diego benannt. Heute bekommt man das Debüt leider nur noch über den gut sortierten Fachhandel oder den Importweg. Das ist schade, denn es lässt sich hervorragend Wurzelkunde damit betreiben. Nach 16 Jahren klingen die Songs noch überraschend kräftig. Am einfachsten zu goutieren ist “Step On Chameleon”, bei dem John Reis den Gesang übernimmt. Klingt, als würden RFTC vertrackten Emo spielen. “Atom Jack” wiederum ist die Blaupause für den Sound, den Froberg und Reis mit den Hot Snakes zur Perfektion treiben sollten. Vielleicht darf man “If It Kills You” gar die Quelle schimpfen, aus der die Generation Screamo der ersten Spät-90er-Welle geschöpft hat. Bitte entdecken Sie dieses Album jetzt!