Es ist kein Zufall, dass das zweite Editors-Album beginnt, wo die meisten Leben enden – im Krankenhaus. “Smokers Outside The Hospital Doors” heißt dieser erste Song, denn etwas Traurigeres, singt Tom Smith, habe er nie gesehen. Smith, den die bittere Melancholie und Lebensmüdigkeit beim Blick durch die Scheibe übermannt – das ist die Antithese zu Joel Pott von Athlete, der in “Wires” 2005 durch Krankenhausflure stürmte, derweil seine neugeborene Tochter an der Beatmungsmaschine hing und mit dem Tod rang. In der Gedankenwelt eines Tom Smith ringen die Menschen nicht mit dem Tod (den haben sie sicher), sie ringen mit dem Leben. “An End Has A Start” hat einen optimistischen Titel, aber ein morbides Leidmotiv. Zwei Jahre sind seit dem Editors-Debüt “The Back Room” vergangen, und sie haben aus dem Texter Smith einen weisen, wiewohl wehmütigen Beobachter gemacht. Wenn sich Triumphe und Tragödien am Ende deines Lebens die Waage halten, sagt er, kannst du zufrieden sein. Ein paar Sterbefälle im engen Umfeld weniger und er spräche vielleicht anders. Die Editors haben kein Konzeptalbum über die Vergänglichkeit des Lebens geschrieben, aber ein hoch-homogenes darüber, wie man sich mit dem Tod arrangiert. Das klingt nach Pathos, steht aber ihrer per se pathetischen Musik, die das Dramatische der Dark Wave mit dem Elegischen des frühen amerikanischen Indierock vereinbart. Verglichen mit dem Debüt ist “An End Has A Start” das aggressivere, dynamischere Editors-Album, das fast jeden sanften Song mit einem hitzigen kontert. Die nebelig weichen, verschwenderisch geschichteten Gitarren machen es unnahbar; die raffinierten, mitunter hart geschlagenen Rhythmen sehr tanzbar und direkt. Tom Smiths volle, doch nie ganz greifbare Stimme ist der Brückenschlag, das entrückte Moment, der emotionale Mittelpunkt all der wundervollen Melodien. Mit diesen Mitteln und der Aufmerksamkeit, die sich die Editors im Schatten Interpols erspielt haben, wird “An End Has A Start” keine sechs Monate brauchen wie sein Vorgänger, um die Beachtung zu finden, die es verdient. Am Stigma “Ewiger Zweiter” konnte auch unser Soundcheck nichts ändern, im Gegenteil. Den entscheidenden Vergleich aber werden sie gewinnen: 2007 haben die Editors das bessere Interpol-Album gemacht. Ihr werdet sehen.
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