Wen Schnulli-Wohlklang à la Wir sind Helden inzwischen langweilt, der sollte mal in “Wilder Westen” reinlauschen. Das in die Hauptstadt übergesiedelte Trio aus dem Emsland konnte bereits mit seiner Debüt-EP “Adrenalin” plus einer Unmenge von Live-Shows für positive Aufmerksamkeit sorgen. Eingespielt mit der gleichen sympathisch-rotzigen Attitüde zwischen Schrammelrock-Charme, Punk-Feeling und unaufdringlichem Pop-Appeal (als Referenzgrößen seien Acts wie Kettcar, QOTSA und auch ein wenig Ton Steine Scherben genannt), folgt jetzt der erste Longplayer. Los geht’s mit dem polternden, nicht einmal zwei Minuten langen Titelsong: Sänger Peter Bolmers Stimme ist gnadenlos übersteuert, die Gitarren fiepen, und das Schlagzeug scheppert, dass es eine Freude ist. Mit “Adrenalin” legen die Jungs in Sachen Intensität sogar noch einen drauf, bevor sie mit “Dach” ihre romantische Seite offenbaren. Überhaupt weist “Wilder Westen” in Sachen Dynamik und Abwechslung eine kluge Mischung auf. Clever bauen El*ke nach energetischen Krachern wie “Ich male es dir auf” ruhige Nummern (“Bring mich ans Meer”) ein, die deutlich mehr als reine Verschnaufpausen zwischen den schnellen Titeln sind. Als in allen 13 Fällen erwähnenswert entpuppen sich zudem die Texte. Wer es schon einmal versucht hat, wird wissen, dass es eines gewissen Geschicks bedarf, Alltagsslang in ein Versmaß zu überführen, ohne dabei peinlich gestelzt oder verkrampft zu klingen. Gute Beispiele für den lockeren und dennoch effektiven Umgang mit der deutschen Sprache sind vor allem “Was machen wir bloß?”, “Träume” und “Schutzengel”. Klasse Start in eine hoffentlich lange Karriere.