Das beginnt damit, dass ihr Debütalbum auf ihrem eigenen, eigens dafür gegründeten Label erscheint, und es geht damit weiter, dass das Trio Aufnahmen und Produktion gleich selbst besorgte. Und dann das Cover: jedes ein Einzelstück. Denn die Zielscheibe, die das nüchterne Titelblatt ziert, wurde mit Einschlägen und -schüssen von Bleistiftminen und Schrotflinten veredelt, durch die jedes Exemplar zu einem Unikat wird. Ebenso eigenständig und -sinnig treiben Elyjah ihre Musik voran: Sie ist ein wilder, gleichwohl hochkonzentrierter Streifzug durch zwei Jahrzehnte Alternative-, Indie- und Rockmusik, die zu einem modernen, zugleich absolut zeitlos mäandernden Postrock verdichtet werden. Klar, man hört noch einige Referenzen heraus, darunter große 90s-Melancholiker wie die Smashing Pumpkins, peitschende Spät-Emo-Granaten wie Joshua oder Turing Machine, lautes Gemetzel Marke Refused, Akkord-Riffing im Stile von Mogwai oder introvertierte Indie-Einkehr in der Tradition von The Album Leaf oder Sigur Rós.
“Planet, Planet” ist ein Entdeckeralbum.
Die Unterschiedlichkeit der Bezüge verdeutlicht es schon: Dies ist ein Entdeckeralbum, das die gesamte Bandbreite von krachendem Frontalrock bis hin zu atmosphärischem Instrumental-Post-Irgendwas ausreizt. Elyjahs Kunst ist dabei, all diese Zutaten zu etwas zu vermengen, das voll und ganz nach ihnen klingt. Der Sound ist kantig und rau, direkt und zuweilen nervenaufreibend. Die Schichten aus Noise und Pling, Gezupftem und vorsätzlich brachial Zerstörtem werden zu einem musikalischen Höhenflug gebündelt, der immer auch an den Absturz denkt, ihn aber nicht miterleben muss. Es gibt minutenlange Feedback-Orgien hier, dort wieder einen auf die Essenz verdichteten Indie-Popsong wie “Wired Song”. Ein überaus gekonntes Auseinandernehmen und Zusammenfügen, Loslassen und Festhalten, Hingeben und Distanzschaffen; ein Spiel der klanglichen, stilistischen und kompositorischen Ebenen, wie man es in dieser Vielschichtigkeit nur selten hört. Was man dem Album deshalb in jeder Sekunde anmerkt, ist seine liebevolle, zeitintensive Entstehungsweise. Denn immerhin wurden Elyjah 2003 gegründet, entdeckten erst 2006 ihre Leadstimme (bis dahin waren sie instrumentale Postrocker) und arbeiteten schließlich zwei Jahre ohne Unterlass an “Planet, Planet”. So halten wir nun ein Album in Händen, das noch bis ins kleinste Detail do it yourself ist und sich damit so selbstsicher wie entschlossen am Zeitgeist vorbeibewegt. Nach dem Motto: Niemand versteht besser als man selbst, was man erreichen, aussagen und machen möchte.
Anspieltipps: Wired Song | Eyes Wide Open | Sorry For The Scene
Elyjah – “Planet, Planet” – Tracklist:
01. “Traverse”
02. “Wired Song”
03. “Casino”
04. “Eyes Wide Open”
05. “Waterside”
06. “Change Me”
07. “Sorry For The Scene”
08. “Morton’s Spate”
09. “Bathysphere”
10. “V’ger”