Schon mal passiert? Im Browser laufen zwei Musikstreams gleichzeitig, und es vergeht ein Moment, bis der Groschen fällt. Enslaved machen 70 Minuten aus dieser musikalischen Zwischenwelt, überlassen aber nichts dem Zufall. “Thoughts Like Hammers” klingt, als würde man Alice–In–Chains-Sänger Layne Staley reanimieren und neben einem skandinavischen Guttural-Grunzer performen lassen. Nach vorne preschende Alternative-Gitarren streichen unvermittelt die Decke weiß, danach ist wieder Death-Metal-Härte angesagt. Unwirkliche Momente wie diese lassen Enslaveds sturznormale Metal-Songs wie verunfallte Sample-Experimente wirken – und beim ersten Hördurchgang macht das durchaus Spaß. “Death In The Eyes Of Dawn” kommt mit abgetragenem Viking-Metal auf Keyboard-Unterlage. Die hallverseuchten Vocals fordern zum gepflegten Zurücklehnen auf, doch ein vertracktes Break später ist man schon wieder wach. Ohne das nebulöse Stimmengewirr würden Enslaved hier auch als Postrockband durchgehen. “Veilburner” presst so viel Strebertum in sein Intro wie Rush und Voivod nach ein paar Tassen starkem Kaffee. Die Norweger wollen alles sein außer einer berechenbaren Formel. Oder doch nicht? “Roots Of The Mountain” knüppelt alles aus dem Weg, was das Ohr sich bis hierhin an Konzepten zurechtgelegt hat. Ob Frank Zappa schuld ist oder Fehden mit den langweiligeren Genrekollegen: Enslaved sind auf kreativen Krawall aus. Schade nur, dass der viel zu mulmige Sound einen Strich durch die faszinierende Rechnung macht.