Der Sieg der Unabhängigkeit: Enter Shikari haben ihren elektrobefeuerten Hardcore endgültig perfektioniert. “The Mindsweep” ist ein Lieb-es-oder-hass-es-Album. Mit anderen Worten: Die Querköpfe aus St. Albans werden nun mehr denn je polarisieren, und das ist gut so. Es würde Enter Shikari angesichts ihrer unstillbaren Kreativität und ihres eingefleischten, aber nie demonstrativ zur Schau gestellten Do-it-yourself-Ethos’ auch nicht stehen, plötzlich unverbindlichen Einheitsbrei aufzufahren. Wenn man an einer Platte wie “The Mindsweep” denn unbedingt etwas Formelhaftes feststellen will, dann sind es alles Trademarks, die Enter Shikari einst definiert haben – und niemand sonst. Das kann man etwas blumig Trancecore nennen, so wie es Enter Shikari selbst vorziehen. Oder man stellt einfach nüchtern fest: Die britische Band ballert mit fetten Grooves, satten Beats, akrobatischen Rap-Einlagen und stadionhimmelweiten Chören um sich, als wäre es die leichteste Sache der Welt, sich einen Hit nach dem nächsten aus der Hüfte zu schneiden. Dabei wirken sie zeitgemäßer als The Prodigy, street-kredibel wie The Streets und nicht so plastikhaft auf zwingende Massenkompatibilität getrimmt wie Linkin Park. Wie eingangs schon erwähnt: Enter Shikaris viertes Album “The Mindsweep” vereint Musik, zu der man sich live die Seele aus dem Hals brüllen will – oder mit der man sich zum Teufel jagen lassen kann. Wie sagt man doch so schön bei ihnen zuhause in England: One man’s ceiling is another man’s floor.
9/12 Jonas Grabosch
Hirn: wech. Es ist endgültig egal, wie groß der Sicherheitsabstand zwischen Thom Yorke und Linkin Park gesetzlich sein müsste. Hauptsache, Enter Shikari rappen drüber. War halt bisher nichts Weltliches heftig genug, die englischen Schreiraupen vom Pferd zu schubsen, also machen sie weiter. Drei Jahre, nachdem “A Flash Flood Of Colour” sich über Korn und The Prodigy erbrach, schließt “The Mindsweep” so viele alte und neue Inspirationen kurz, dass vor lauter Geblitze der Migränesaft ausgeht. “Myopia” klackt verhuscht und zitternd wie ein Thom-Yorke-Stückchen, bis sich Rou Reynolds nach gut einer Minute daran erinnert, dass er schon gut eine Minute nicht mehr gebrüllt hat, und dann zum Ausgleich noch ein paar Groupshouts und heavy Breakdowns draufpackt. Enter Shikari klauen prinzipiell von den Reichen und machen dann Armseliges draus, das gilt auch für all die Versatzstücke von Muse, den Editors und Coldplay, die sie auf “The Mindsweep” in den Wolf drücken, bis es richtig eklig quillt. Zwischendurch schummeln sie noch Discobeats und Postrock unters Bollo-Gewitter. Insgesamt ist das vierte Album trotzdem ruhiger geworden als das dritte, die elektronischen Teile erinnern an melancholische Indiedreher, bevor sie mit Anzugrockern durchbrennen. Nintendocore ist das nur dann noch, wenn man Zelda einen prolligen SUV unter den Hintern wünscht, mit dem sie dann cruisen und destroyen kann, während Reynolds Rapskills zwischen Linkin Park und Limp Bizkit gegen die Briefkästen ballert. Irgendwie doch nicht so übel, was wir einst an Fred Durst hatten.
4/12 Britta Helm
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