Egal in welcher Spielart, schnell ist das musikalische Feld abgesteckt, die treuen Fans akkreditiert und im besten Fall wird das Niveau auf den kommenden Alben gehalten und verfeinert. Oder es gibt Powerballaden und eingängige Riff-Rocker als Türöffner für die Charts. Dann wird man zur größten Metalband der Welt und braucht irgendwann einen Psychologen, um danach zu beteuern, dass man das alte Feuer wieder gefunden habe und auf dem nächsten Album ganz sicher keine Ballade sei. Aber das ist eine andere Geschichte. Fear My Thoughts aus Rheinfelden bzw. Freiburg begannen Ende der 90er mit einem Sound, den man Metalcore nennt. Hardcorekids, die harten Metal lieben und beides miteinander vermischten. Ein Sound, der explodierte und heute als standardisiertes Genre kaum noch eine Katze hinter dem Ofen hervorlockt. Fear My Thoughts hatten schon länger einen anderen Weg eingeschlagen, hin zum klassischen Melodic Death Metal und bewiesen dabei ihre hervorragenden technischen Fähigkeiten. Mit “Isolation” erfolgt nun der einschneidende Wandel. Der Sängerwechsel eröffnete die Möglichkeit, sich aus eng gesetzten Grenzen herauszuwinden und ein Album aufzunehmen, das die Fangemeinde spalten wird. Dabei wirkt es wie ein Befreiungsschlag, denn Musiker mit Klasse müssen ihre musikalischen Vorlieben ausleben können. Fear My Thoughts bewundern Pioniere wie Tool und Radiohead genauso wie klassische 70er-Heavy-Rock-Helden. Die neuen Stücke – stellvertretend sei der Opener “The Blind Walk Over The Edge” genannt – vereinen progressive Gitarren und Rhythmen mit üppigen Gesangslinien. Martin Fischers Timbre ordnet sich irgendwo zwischen Mike Patton und James Hetfield ein. Dabei wandeln die sich weit öffnenden Refrains zwar manchmal an der Grenze zum Pathos, die Songs aber sind immer technisch versiert, druckvoll und mit genügend Kanten versehen. Wer hier mit Nu-Metal-Vergleichen kommt, will einfach nicht richtig hinhören. Und: Wenn es Metallica auf ihrem nächsten Album schaffen, einen Chorus wie den von “Through The Eyes Of God” zu schreiben, können wir uns glücklich schätzen. Die zweite Hälfte steht mehr in der Tradition des “alten” Sounds, etwa die radikaleren “Death Chamber” und “Pitch Black”. Der Gefahr, sich aus festgelegten Metal-Strukturen zu lösen trotzen Fear My Thoughts mit dem bisher vielseitigsten und spannendsten Album ihrer Bandgeschichte und bringen progressiven Anspruch und melodische Eingängigkeit zusammen, als wäre das pure Selbstverständlichkeit.