Fidlar
Surviving The Dream
Vielleicht liegt es an der Erkenntnis “I don’t wanna change the world”, die Frontmann Zac Carper in “Change” in den Äther brüllt. Purer Dissonanz-Punk darüber, wie ab 30 der Freundeskreis immer kleiner und die Moshpit-Besuche weniger werden, aber eben auch die Ambitionen und Koks-Lines. Beschissen fühlt man sich so oder so. Es ist einer der Schlüsselsongs des vierten Albums von Fidlar, und der Hangover, für den ihre Mates von Dune Rats noch zu high sind. Denn auch sonst geben sich die Chaos-Surf-Punks auf “Surviving The Dream” der Tatsache hin, nicht mehr die hedonistischen Jugendlichen zu sein, die regelmäßig ihre WG in Schutt und Asche legen.
Carper ist zwar erst 37, zieht daraus aber schon einen Schluss, für den manche ins Rentenalter kommen müssen: “Oh, Scheiße! Wir können machen, was wir wollen!” Kein Label, kein Produzent und Pop höchstens hinter dutzenden Effektpedalen versteckt. Fidlar machen wie vor 15 Jahren alles wieder selbst, klingen nur variabler. Auf “Get Off My Wave” schmeißen sie etwa ihren eigenen Song “Get Off My Rock” von 2019 zusammen mit den Beastie Boys und Beach Boys und einem Beutel Speed in die Salzwasser-Waschmaschine. Von Drogen will Carper darin aber längst nichts mehr wissen: “I’m not on meth/ I’m manically depressed”, gesteht er und führt sich im melancholischen Power Pop von “Sad Kids” direkt wieder selbst ad absurdum, wenn es Koks ausnahmsweise am Wochenende gibt.
Clean ist Carper seit 2014, was Meth und Heroin angeht, zum Rest pflegt er eine On-Off-Beziehung, und so verkackt er auch in “Down N Out” direkt wieder alles wegen Schnaps und Schnüffelstoff. Immerhin wird mittlerweile klar, dass Liebe noch higher macht und so zieht sich neben Verzweiflung auch genug Herzschmerz durch “Surviving The Dream”. Abgesehen von Blink-182 in “Orange County” sitzen bei Fidlar die 90er oder das frühe LoFi-Geschepper von Wavves auf dem Surfbrett, wenn Carper in “Low” erörtert, wie tief man sinken kann. Da ist es auch nicht schlimm, dass “Nudge” mit Haus-Maus-Reimen etwas zu schnell reingeht – wie drei Dosen Billigbier, zwei Shots und etwas aus Hunter S. Thompsons Reisekoffer. Als Entschädigung klingt Carper auf dem semiakustischen “Hurt” wie ein Jack Johnson für Ex-Junkies mit gebrochenem Herzen dann doch erstaunlich erwachsen und gesund gealtert für eine abgefuckte Garageband.
Das steckt drin: Beastie Boys, Dune Rats, Wavves