Fir Cone Children
The Urge To Overtake Time
Text: Lisa Elsen
Dass die Zeit für Veränderung angebrochen ist, klingt bereits in “Time Needs An Upgrade” an. Die Garage-Rock-Hymne handelt vom Bedürfnis, gesellschaftlichen Wandel anzustoßen. Mit diesem Wunsch nach Veränderung schlägt Alexander Donat ein neues Kapitel seiner Geschichte auf. Diese nahm mit “Today There’s No Tomorrow” ihren Anfang und widmete sich unter anderem der Klimakrise aus Sicht seiner Töchter. Zwischen Dreampop à la Cindy und Soko, dominieren nun andere Themen: Freundschaft, Schulalltag und Liebeskummer. Themen, die im ersten Moment nebensächlich erscheinen, bauen Fir Cone Children zu einem albumübergreifenden Konzept aus. Damit schaffen sie sich ihr Alleinstellungsmerkmal und füllen den Inhalt des Albums mit einer fast schon existenziellen Dringlichkeit.
Soundtechnisch greifen sie allerdings in zu viele Schubladen, sodass man sich in dem Gewirr aus Genre-Einflüssen zu verlieren droht. Während sich das shoegazige “Another You” der Widersprüchlichkeit menschlicher Gefühle widmet und an My Bloody Valentine und die Cheatahs erinnert, steigert “Fills Up Every Inch” diese Stimmung ins Unermessliche. Das atmosphärische Wabern und der drückende Beat wirken wie die akustische Antwort auf die Bedrohlichkeit der Welt, aus der man sich gerne wegträumen würde. In solchen Situationen helfen nur Freund:innen, die einem zur Seite stehen (“Sidney And I”) und mit denen man Alltagshürden meistern kann (“Let’s Defy Everyday Life”). Da wird sogar der Supermarkt zum Abenteuerspielplatz, wenn es heißt: “Let’s Defy Gravity – when we’ve got errands to run, you will certainly join me / supermarket, place of joy, a wonderland”.
Über diesen Moment kindlicher Entdeckungsfreude legt sich “It Feels Complete” wie eine Bleidecke und nimmt der vorangegangenen Leichtigkeit ihren Zauber. Anstelle des verträumten mehrstimmigen Gesangs tritt ein hallendes Echo, begleitet von düsteren Gitarrenriffs. Während fünf Minuten sucht sich der Sound seinen Platz in einer Landschaft aus Post- und Psych-Rock-Klängen – genug Zeit, um sich aufzubauen und die apokalyptische Stimmung zu voller Blüte zu treiben. Am Ende zeigt sich die Stärke des Albums darin, dass es den Blick für Unterrepräsentiertes schärft. Einziges Manko: Über weite Strecken fehlt es an Soundkohärenz.
Das steckt drin: Cheatahs, Cindy, My Bloody Valentine
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