20 Jahre und unzählige Projekte später, die vor allem Gunnerfeldt als Produzent beschäftigt hielten, ist die schwedische Emo-Legende aus Luleå nun tatsächlich wieder unter eigener Adresse zu erreichen und das dankbare Publikum kann blaue Häkchen an seine Sehnsüchte setzen. So frisch, als wäre kein Tag vergangen, und doch seltsam anachronistisch über der Kluft der Jahrzehnte schwebend, machen Åström und Gunnerfeldt klar, dass sie den Markenkern ihrer Band nicht nur Willens sind zu pflegen, sondern auch ihre Abenteuerlust nicht verloren haben. Mit den Produktionsmitteln der Gegenwart entsteht so eine Art Lobgesang auf die indietronische Jahrtausendwende, als Loops und Clanks im Rock noch aufregend waren und es in diesem hier genussvoll dargebotenen Reenactment jugendlicher Suchbewegungen plötzlich wieder sind. Natürlich geistert die eigene Vergangenheit durch jede Note wie die Band einst im Video von “All You Had” ihres bislang letzten Albums “Get Shot”, worin die Musiker immer wieder als Phantome durch die Szenerie huschen und den Protagonisten schließlich in Panik und Wahnsinn treiben. Ob es der elfenharfenartige Anfang von “Lex Tokyo” ist, der zunächst an Sigur Rós, dann an die Emo-Rocker Far erinnert, das breitbeinig riffende “Blinds & Shades” oder die jangelnde Single Jungle “Knuckle”, deren zerrender Bass die Erde unterm selbstgesetzten Hymnendenkmal festwalzt, Fireside sind immer dann ganz bei sich, wenn sie ihre altbekannte Zitatfreude ausleben, alles mit etwas Studiozauber besprenkeln und mit stoischer Miene in die Welt entlassen, als habe diese auf genau so etwas gewartet. Hat sie doch auch, da soll sich bitte niemand in die Tasche lügen. Denn wie es in “Easy Andy”, dem grimmigen und verschmitzten Noise-Hit des Albums heißt: “Don’t you worry/ You know it’s only scary/ Life will kill you/ It will destroy you again.” Umso schöner, in einer Zeit, die so wenig Hoffnung bereitzuhalten scheint, in dieser allgegenwärtigen Kakophonie von Untergangsszenarien ein Stück Herzenslärm bergen zu dürfen, der zwar auch keine Probleme löst, sie aber zumindest mal tanzbar macht. “Bin Juice” – Der Titel soll für den Sud stehen, der sich am Grunde eines Mülleimers ansammelt. Faulig, stinkend und keiner will ihn wegmachen. Aber manchmal erwächst aus solchem Schmodder eben etwas ganz besonders Kraftvolles.
weitere Platten
Get Shot
VÖ: 28.04.2003
Elite
VÖ: 30.10.2000
Uomini D'Onore
VÖ: 29.06.1998
Do Not Tailgate
VÖ: 13.05.1996
Fantastic Four
VÖ: 01.06.1994