Minimalismus ist eigentlich eine der letzten Assoziationen, die man bislang mit Florence + The Machine verband. Schon eher sieht man Welch vor sich, wie sie in einem wehenden weißen Kleid barfuß mit Grandezza über die Bühne schwebt. Währenddessen besteigt sie mit ihren Stimmbändern den Mount Everest und jauchzt und jubiliert derart, dass einem nach drei Songs die Ohren pfeifen. Das ist auf dem vierten Album der Britin noch manchmal so, aber weit weg vom Dauerzustand. Genau das macht “High As Hope” so überraschend. Herausragend ist “Big God”. Textlich beschäftigt sich der Song mit einem Phänomen unserer Zeit: Ghosting – der plötzliche Kontaktabbruch innerhalb einer Partnerschaft. Ein befremdliches Thema, das für viele längst Realität geworden ist. Zusammengezaubert haben sie dieses orchestrale Schmuckstück, das mit seiner Dramatik der perfekte Anwärter für den nächsten James-Bond-Soundtrack ist, zusammen mit Produzent Jamie XX und Jazz-Virtuose Kamasi Washington. Zu einem verstimmten Klavier-Riff erklimmt Welch keine Höhen, sondern Tiefen. Sie gurgelt, kratzt und keucht. Jazziges Schlagzeug, subtile Beats und pointierte Bläser erledigen den Rest. No Choir wird die erste halbe Minute nur von Welchs Stimme getragen, die nicht jauchzt, sondern eine einfache Melodie intoniert. Florence + The Machine haben lange für opulente Dramatik in Perfektion gestanden. Mit “High As Hope” beweisen sie, dass sie nicht immer den Gipfel erklimmen müssen, sondern noch mehr vom Basiscamp aus überzeugen.
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