Gallops
Yours Sincerely, Dr. Hardcore

Ein großer Fehler des Musikjournalisten besteht darin, Progressivität im Sinne von Gezocke grundsätzlich erst mal schlecht finden zu müssen. Von wegen: Angeberei, Egozentrik, Können statt Kunst, die immer gleich Konzept sein muss. Sogar Gallops rechtfertigen sich in ihrem Infoschreiben an die Presse für ihre Kompetenz. „Wir wollen vermeiden, nur aus dem Selbstzweck heraus clever zu sein.“ „Und wenn schon!“, möchte man ihnen zurufen, „und wenn schon!“ Wer so spielen, komponieren, konstruieren, collagieren kann, der dürfte auch einfach nur selbstverliebt onanieren, es wäre ein Vergnügen. So aber erreicht das Quartett aus Wales sein Ziel, bei allem Austesten des instrumentalen Könnens und seines Geschicks am Laptop vor allem hypnotisch zu grooven. Jede verdammte Sekunde dieses Albums wippt der Kopf, kickt der Fuß und wollen die Hände Luftschlagzeug spielen, auf diese fürchterlich geekhafte Art, bei der man die Lippen schürzt, die Augen halb schließt, als müsse man sich konzentrieren und alle paar Taktwechsel beim Hören der Platte laut sagt: „Bor, ist das geil.“ Diese Idee. Dieser Break. Dieser Aufbau. Vor allem aber die Art und Weise, wie die Platte das Übermütige des Math- und Progressive Rock mit der Stimmung einer schönen Session Retro-Videogaming paart. Als würde man auf einem Plattenspieler The Notwist und auf dem anderen 31 Knots hören, während auf dem Bildschirm der Kampfroboter ins Meer fällt und erst mal ein paar Minuten zu ruhigen Ambient-Übergängen durch den wabernden Wasserlevel schwimmt. Ein Traum für Nerds und die reine Freude an der Musik.