Wozu B-Seiten doch gut sein können: Gamine standen früher für epischen Groove-Pop, bis auf der Rückseite einer frühen Single eine simple Komposition für Stimme und Klavier für Aufsehen sorgte. Ian Williams spielte das Piano, Claudia Barton sang die Melodie zu “Checkmate”, der besagten B-Seite, die nun im Zentrum des zweiten Albums “Sabotage” steht. Das neue Konzept heißt Intimität, und mit betörenden Texten über Beziehungen und Kommunikation, der glamourös-gebrochenen Stimme von Claudia Barton und musikalischen Abstechern in die popmusikalischen Seitenfelder Chanson und Barjazz gelingt Gamine Einzigartiges: ein glühendes Album voller Erinnerungen. Beispielhaft dafür steht “Oh, What A Kiss”, der beste Song der hochwertigen Liste. Barton erzählt von einer Hochzeitsreise über vereiste Straßen und durch flauschige Bars, von zu viel Drinks und zu viel Liebe. Das Seltsame: Es gibt sogar ein Happyend. Nichts ist düster in dieser Erinnerung. Gamine haben das seltene Können, Glück hörbar machen zu können – was viel schwerer ist, als ausschließlich über Trauer und Verlust zu singen. Nicht alle Lieder des Albums haben finden so direkt den Weg ins Herz; manchmal fehlt es dem Duo an Mut zum Ausbruch, den die ähnlich klingende Regina Spector mit ihren letzten Aufnahmen bewiesen hat. Trotzdem: Wenn der Abend kommt und der Rotwein lockt, sind Gamine in diesem Winter die beste Wahl für die letzten Minuten vor der Nacht.