Gavin Portland
IV: Hand In Hand With Traitors, Back To Back With Whores
Text: Philipp Welsing
Wer noch mehr Indie-Elemente als beim vielseitigen III: Views Of Distant Towns wollte, wem der Klang von Gavin Portland immer zu verhuscht war, der wird nicht glücklich werden. Wer die Band aber live gesehen hat, weiß, dass III ihr nicht gerecht wurde. Es war etwas zu schön und etwas zu nett zu den Ohren.
Nicht so der vierte Teil dieser isländischen Geschichte. Gavin Portland erinnern sich der Wurzeln des emotional zerschossenen Hardcores und zelebrieren den Sound von Vermiform Records und Ebullition. Born Against mögen da Pate stehen, Orchid und Rorschach. Gehobener Proberaum, und gehoben auch nur deswegen, weil man alle Instrumente hört. Zehn Songs, Kolli schreit uns zusammen, bis wir auf den Knien um eine Sekunde positives Denken bitten. Und immer schwingt diese gewisse Widerlichkeit mit, die auch den Vorbildern von IV zueigen war. Wo andere Härte mit Sound erzeugen, hört man hier hin, was Kolli singt, und das effektlose, beizeiten dumpfe Poltern wird zum Grollen, fährt einem in die Eingeweide und verbreitet ein Gefühl, das eine Metal-HC-Glanzproduktion vor lauter Adrenalin längst nicht mehr zustande bekommt: Unbehagen.
Man fühlt sich nicht wohl, wenn man IV hört. Das war der Plan. Ein bisschen bringen Gavin Portland so den Reiz und das Abstoßende zurück, das der Hardcore(-Punk) lange vermissen ließ. Wird es dann musikalisch etwas tragender – in Seven Coils und Droughtbringer – merkt man, dass neben der (selbst)zerstörerischen und crustigen New-York-Schiene auch Slint und Neurosis ihre Spuren hinterlassen haben. IV bleibt: eine Herausforderung.
weitere Platten
Views Of Distant Towns
VÖ: 23.11.2007