Supergrass starten Mitte der 90er als absolute Geradeaus-Britrocker, das punkrockige Smash-Hit-Potenzial vieler ihrer Stücke war das Alleinstellungsmerkmal der frühen Phase. Von Album zu Album traut sich die Band mehr Komplexität zu, als Gaz Coombes vor zehn Jahren seine Solokarriere beginnt – aus dem Gefühl heraus, Supergrass wären auserzählt – ist abzusehen, dass es in dieser Richtung weitergehen würde. Spätestens mit seiner zweiten Platte “Matador” von 2015 erarbeitet sich Coombes ein ganz eigenes Feld in der weiten Post-Britpop-Landschaft: Wäre Bowie ein Indierocker aus Oxford, er würde solche Musik spielen. “Turn The Car Around” macht an dieser Stelle weiter. Man kann dieses vierte Album der Supergrass-Stimme als Indievariante von Hunky Dory hören: Viele Lieder werden akustisch angetrieben, sind detailverliebt, aber eingängig, gehen zu Herzen, ohne kitschig zu wirken, funktionieren morgens wie abends. Eine Platte für viele Gelegenheiten also. In seinen Texten singt Coombes über die weiterhin vorhandene Leidenschaft für Musik und gemütliche Abende am Kamin, die jedoch von der Sehnsucht durchbrochen werden, mal wieder eine lange Reise in einem dieser europäischen Overnight Trains zu unternehmen. Klar, das ist Indierock aus der Komfortzone, bürgerlicher Britpop – aber herzensgut, mit Überraschungen und tollen Melodien, besonders an Stellen, wo man sie nicht erwartet.