Gemini Five
Black:Anthem
Text: Patrick Grossmann
Mal im Ernst: Wollen wir den wirklich wiederhaben, den ollen Onkel Glamrock? Inklusive Kajal-Augen,
schwarz lackierter Fingernägel, hedonistischem Bohei und schubladenweise dummdreisten
Macho-Textwerks? Wir können das nicht wollen. Nicht so jedenfalls. Schipperte schon “Babylon
Rockets”, der erste Versuch der vier Schweden (wir erinnern uns an ein Artwork von erschütternder
Scheußlichkeit), konsequent unterhalb der Geschmacks-Gürtellinie umher, graben Tin Star, Slim Pete,
Hot Rod (!) und Snoopy nun mit Halbleiter-Hilfe noch tiefer: Da man ja nicht ewig denselben
Drei-Akkord-Käse bringen kann, haben sich die Schlauköpfe auf Geheiß ihres Produzenten einen Sampler
in die Stockholmer Bierbüchsenhölle gestellt. So ein modernes Teil; ganz ohne Saiten aber mit vielen
dollen Knöpfken dran. Seitdem herrscht Industrial-infiziertes Chaos im Staate Babylon: Ein
Elektro-Intro wabert uns ziellos ins Gesicht, das seine Fortsetzung findet in der platten
Rechner-Rock-Wumme “Flesh For Fantasy”. Auch wenn’s kein Cover ist – so was konnte Billy Idol schon
Anfang der Achtziger besser. Auch im weiteren Verlauf wirkt “Black:Anthem” stets, als habe man den
an sich grottenbiederen Riff-Exponaten der Kombo erst im Nachhinein Loops, Bleeps und anderes
vermeintlich futuristisches Effekt-Blendwerk aufgenötigt. Ganz unten: die Brechreiz-Schmonzette
“Heaven Come Undone” sowie die zwei beschämend unterirdischen Testosteron-Schwellkörper “Making Love
Song” und “Love Venus”. Rumms, boller, fiep, nerv. Steriler, hirntoter geht’s kaum. “You Lead Me To
Madness”? Aber so was von. Hart wie Quittenmarmelade.
weitere Platten
Babylon Rockets
VÖ: 03.11.2003