“Most Normal” ist erst das dritte Album des Quartetts aus Dublin seit 2015. Und es ist kaum weniger widerspenstig und stachelig als die beiden Vorgänger. Mit dem Opener “The Gum” hält es direkt zu Beginn einen Song bereit, an dem viele verzweifeln dürften. Dranbleiben lohnt sich aber, denn wenn Frontmann Dara Kiely in “Eight Fivers” wieder und wieder “I spent all my money on shit clothes” proklamiert, während der Song langsam in Weißem Rauschen versinkt, dann hat das eine enorme Sprengkraft, die an mental instabilen Tagen schwer auszuhalten ist. Mental instabil war auch Kiely in der Vergangenheit, vielleicht auch weil der Hype um ihr erstes Album “Holding Hands With Jamie” so groß war. 2022 wirkt er, trotz der politischen Umstände, erstaunlich gefestigt und erweist sich ein ums andere Mal als die heisere Stimme der Vernunft im brachialen Tosen um ihn herum. Deutlich nach vorne gerückt im Mix der Band ist auf “Most Normal” ihr Faible für stampfenden Techno, den sie aber mit dem herkömmlichen Instrumentarium einer Band spielen. Überhaupt funktionieren ihre Songs eher wie Tracks, deren finalen Mix ein DJ besorgt hat, der virtuos mit Filtern und Equalizern umzugehen weiß. So schlingert “Backwash” wie eine Barkasse bei Sturm, nervt “The Weirds” durch einen Dauerpfeifton, ehe es zum Hochgeschwindigkeitspunk wird, während das direkt anschließende “I Was Away Dub” einflechtet. “Most Normal”? Normal ist hier nichts!
weitere Platten
Live At Vicar Street (als Girl Band)
VÖ: 29.08.2020
The Talkies (als Girl Band)
VÖ: 27.09.2019
Holding Hands With Jamie (als Girl Band)
VÖ: 25.09.2015