Gut, dass “Ikigai” wörtlicher übersetzt “Das Glück, dauerhaft beschäftigt zu sein” bedeutet. Das klingt nach Motivation und Drohung zugleich in einer fernöstlichen Leistungsgesellschaft, hat aber mehr mit Faulheitsverachtung zu tun. Die macht Girih aus dem US-Ostküsten-Staat Hew Hampshire aus: Hinter ihren Instrumentals steclen hörbar Überlegungen und investierte Zeit, die fünfeinhalb bis siebenminütigen Stücke sträuben sich davor, als handelsübliches PostIrgendwas angesehen zu werden. Wo etwa “The Frame” im Aufbau zu ätherisch zu werden droht, setzen Girih einen kleinen, fiesen Palm-muted-Part dazwischen, auf den ein Finale folgt, das auf ziemlich großartige Weise Optimismus und Schwermut touchiert, aber keins von beidem aufgreift. Diese versuchte Schnittmenge aus einer eher schwebenden Form von Post-Rock, wie ihn Explosions In The Sky praktizieren, und Metal-Riffs der Marke Russian Circles zieht sich durch “Ikigai”. Dass das nicht immer aufgeht und Stücke wie “The Mirror” ohne klares Ziel zwischen Oh Hiroshima und If These Trees Could Talk festhängen, gehört wohl zum Risiko. “Ikigai” ist aber auch erst das zweite Girih-Album. Was die Band in den vier Stücken auf der B-Seite anstellt – subtile orchestrale Parts, eine Schlagzeug-Coda, die Höllenabfahrt zu Beginn von “The Hourglass” – sollte sie jedenfalls nachhaltig vor Verwechslungsgefahr schützen.
weitere Platten
Eigengrau
VÖ: 16.11.2018