Immer dann, wenn gerade niemand hinsah, muss sich Jeff Tweedy aus dem Studio gestohlen haben, fort von den Arbeiten am kommenden Wilco-Album, um seinem zweiten Baby Zeit zu widmen. Am nächsten Morgen war er dann wieder da und tat, als wäre nichts gewesen. Diese Theorie hat freilich eine undichte Stelle (Wilco nehmen in Amerika, Golden Smog in Spanien auf), doch es ist anzunehmen, dass einer wie Tweedy, der sich vor guten Ideen kaum retten kann, eh mit Lichtgeschwindigkeit reist und so vor allen Interessenskonflikten gefeit ist. Mit seiner Quasi-Allstar-Kapelle – inkl. Soul Asylums Dan Murphy, Kraig Jarret Johnson und zwei Jayhawks-Musikanten – bringt er es hiermit auf vier Alben, mit Wilco auf fünf, da kann man es sich langsam schenken, Golden Smog seine Zweigstelle zu nennen. “Another Fine Day” steht den vorigen drei Alben näher, als jede Wilco-Platte es könnte, und ist trotzdem das Höchstmaß Wilco, das Tweedy Golden Smog zugestehen mag. Die Songs sind Rocksongs reinsten Wassers, so unverschämt souverän, abgeklärt und unspektakulär auf den Punkt, dass man eigentlich Altherrenindie dazu müsste, wenn das nicht so einen muffigen Beigeschmack hätte. Musik von Männern, die es für die größte vertane Chance in 50 Jahren Rock’n’Roll halten, dass Neil Young nie gemeinsame Sache mit John Lennon gemacht hat. Jetzt müssen eben andere ran.
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Down By The Old Mainstream
VÖ: 30.11.1999