Der Ex-Blur-Gitarrist macht endlich ernst und zeigt zum ersten Mal, was wirklich in ihm steckt. Denn was bisher unter seinem Namen erschien, waren Ideen, die er in Songs packte, ohne sich mit Feinschliff aufzuhalten. Jetzt, wo Blur für ihn Geschichte ist, hat er sich selber in den Hintern getreten. Mit Stephen Street zog er den langjährigen Studio-Gehilfen seiner Ex-Band hinzu, wohl wissend, dass der ihm keine halben Sachen durchgehen lassen würde. Und die Rechnung ist aufgegangen: “Happiness In Magazines” hat gute Songs und einen angemessen vollen Sound. Die größte Leistung liegt indes im Gesang: Coxon muss seine Stimme nicht mehr hinter Gitarrenkrach verstecken. Sie steht jetzt vorn, ist präsent und gut. Nach der schnörkellos mitreißenden Eröffnung “Spectacular” fächert Coxon viele Facetten auf. “Bittersweet Bundle Of Misery” und “Bottom Bunk” hätten einwandfrei auf ein Blur-Album gepasst; in “Girl Done Gone”, der Single “Freakin Out” und dem paranoiden “People Of The Earth” lässt Coxon die Rocksau raus. Demgegenüber stehen die Streicher-Ballade “All Over Me” und “Are You Ready”, in dem Einflüsse von Scott Walker und Ennio Morricone zu einer stimmigen Ode an die Einsamkeit verbunden werden. Und einen Schwenker ins Singer/Songwriter-Genre gibt es auch noch: Das intime, auf Kindheitserinnerungen beruhende “Ribbons And Leaves”. Well done, Graham.
9/12 Alex Brandt
Wie verspielt man sich Sympathiepunkte? Wer es wissen will, fragt einfach Graham Coxon. Schon während seiner aktiven Zeit als Gitarrist und Quotenhornbrille bei Blur veröffentlichte der schrullige Brite vier Soloalben. Die waren zwar allesamt eher medioker. Aber jemandem, der vermutlich zu viel Freizeit und zu wenige Freunde hat, will man sein Privatvergnügen ja nicht absprechen. Bedenklich wurde es erst, als Coxon im Oktober 2002 im Streit bei Blur ausstieg. Von da an hatte er noch mehr Freizeit und noch weniger Freunde. Und auf Dauer ist das ja kein Musikerleben, so ganz ohne Band und nur mit fiependen Solowerken, die kaum einer hören will. Deshalb probiert sich Graham jetzt in Pop. Und einem fünften Album, das er ursprünglich “No More Mr. Lo-Fi” nennen wollte und das entsprechend klingt: Mit “Bittersweet Bundle Of Misery” nimmt er ein zweites “Coffee & TV” in Angriff, mit “Freakin’ Out” strengt er eine Single an, und mit “Are You Ready” wandelt er auf den Spuren von Ennio Morricone. Das Problem nur: Alles, wirklich alles geht schief. Graham Coxon ist kein Songwriter-Genie und noch viel weniger ein Frontmann. Sondern der prädestinierte kreative Gegenpol, der zweite Mann, der stille Sympathieträger im Hintergrund. Deswegen, lieber Graham, ein Ratschlag: Ruf den Damon mal wieder an! Dir und uns kann es nur gut tun.
4/12 Armin Linder
weitere Platten
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VÖ: 01.01.1998