Man muss kein Pessimist sein, um an Dreamcrash Gefallen zu finden. Eine Vorliebe für Weltuntergangsszenarien genügt. Die Trennung von Gitarrist Johan Snell war der eigentliche Auslöser für die Umbenennung von Beastmilk in Grave Pleasures. Tatsächlich beschreibt die neue Verpackung den Inhalt aber deutlich treffender. Schon die Tracklist weist mit Titeln wie “Lipstick On Your Tombstone” oder “No Survival” dezent darauf hin, dass auf “Dreamcrash” der Fatalismus gelebt wird. Handwerklich bedienen sich die Finnen jedoch keinesfalls der Brechstange. Viel mehr gewinnt das Album aufgrund seiner unterkühlten Art ästhetisch an Wert. Die Produktion klingt sauberer als noch auf dem Beastmilk-Debüt. Die leiernden Gitarren bleiben dieselben, das Hintergrundrauschen hingegen nimmt ab. Zwangsläufig rückt der kantige Gesang von Frontmann Mat McNerney in den Vordergrund, der den Wahn eines apokalyptischen Predigers mal zitternd, mal bedrohlich transportiert. Die Trostlosigkeit des Covers, das einen Flugschreiber im Sand zeigt – unabsichtlich aktueller geht?s wohl nicht – wird primär in den Lyrics aufgegriffen und bekräftigt den Memento-Mori-Gedanken, der sich über die gesamten 44 Minuten erstreckt. Musikalisch interpretieren Grave Pleasures den Untergang gar nicht so düster wie andere Genrevertreter. Mit seinem unwiderstehlichen Basslauf lässt “Futureshock” die Toten tanzen, “Utopian Scream” sollte jeden Menschen mit Rhythmusgefühl zumindest mitnicken lassen. Stilvoller lässt es sich kaum ins Verderben reiten.
8/12 Sebastian Stöwer
Nach Beastmilks Tod durch Besetzungswechsel ist der genialste Bandname der letzten Jahre dahin. Da bleibt nur noch die Musik: Wahlweise “Danzig II: Lucifuge” unplugged und ohne Brusthaar. Oder ein deprimierter Joy-Division-Zombie mit genug Punk-Kante, um die noch schlimmeren Goth-Landsleute HIM endgültig ins Grab zu schubsen. Auch als Grave Pleasures werden die lichtscheuen Finnen das Vakuum zwischen Vetos Troels Abrahamsen, Glenn Danzig und Ian Curtis mit suizidaler Betroffenheitskacke fluten. “Dreamcrash” zieht einen runter, egal wie schlecht man vorher schon drauf war. Das Dauer-Vibrato in der leidenden Stimme von Mat McNerney ist da auch nicht gerade hilfreich beziehungsweise trägt entscheidend zum Stimmungskiller bei – das kommt ganz auf die Perspektive an. Immerhin bleibt das Album sich selbst treu. Wer wie Produzent Tom Dalgety (Killing Joke, Royal Blood) den Sound des Niedergangs beherrscht, ist bei diesen Zeitgenossen richtig gut aufgehoben. Zerstörte Lebensträume will “Dreamcrash” in ein flatterndes Totenkleid gehüllt wissen. Das gelingt dem Album und mit den verstörenden Noise-Angriffen von Linnéa Olssons Feedback-Gitarre zerren die Elemente daran, bis auch die letzte Faser vom Winde verweht ist. Dass man verdammt nochmal traurig ist, trauen sich nur “Crisis” und “Crooked Vein” so auszusprechen. Der Rest von “Dreamcrash” ist ein pathetischer Tanz auf dem Friedhof, den man betrunken und nach einem Todesfall wohl am besten versteht.
5/12 Martin Iordanidis