Great Lakes
Diamond Times
Text: Carsten Sandkämper
Zugegeben, es besitzt eine besondere Strahlkraft, was Ben Crum und Dan Donahue mit ihrem dritten Album erschaffen haben. Eleganz, Ideen und “anything goes” als stilistisches Motto. Das bedeutet für den einen Hörer Fluch, für den anderen Segen. Um zu letzteren zu gehören, sollte man vor allem keine Scheuklappen tragen und vieles nicht ganz so eng sehen. Die Sache mit dem Blues zum Beispiel. Aber von vorne… Great Lakes schlagen Wurzeln in amerikanischer Singer-Songwriter-Tradition wie sie schon Guthrie, Dylan und Young, aber auch – auf der bösen Seite des Pop – der junge John Denver oder der unumgängliche Springsteen in den Boden getrieben haben. Die Unbekümmertheit, mit der diese Band den Bogen bis hin zum Electric Light Orchestra schlägt, Brian Wilson huldigend zu Füßen sinkt um im nächsten Moment mit Wilco in die gleiche Richtung zu laufen, macht auf “Diamond Lakes” durchaus Spaß. Der sollte aber auch niemals aus den Augen verloren werden, wenn am anderen Ende der Skala schmerzhaft vorhersehbare Country-Klischees wie in “Night Hearts” gedroschen werden und selbst auf 35 Minuten Albumlänge unweigerliche Längen erzeugen. Great Lakes verfallen in keinem Moment modernistischen Ambitionen. Ihr Songwriting ist konsequent in einer Zeit verwurzelt, in der sich der traditionelle amerikanische Bluesrock von “Easy Rider” erholte: nett, erdverbunden, souverän und doch gelassen. Gleichzeitig klingt “Diamond Times” nicht nach dem Mann aus den Bergen, in seinen besten Momenten gar wie Grandaddy an einem freundlichen Sommermorgen.
Unterm Strich ist das eingangs erwähnte Prädikat aber ein sehr amerikanisches für sehr amerikanische Musik. Im Alten Europa hat es die traditionell nicht leicht. Und so werden wohl auch die Great Lakes intensiver als andere nach ihrer Zielgruppe suchen müssen.