Was soll man sagen: Wir haben uns die Platte in der letzten halben Stunde jetzt fünf Mal angehört, und natürlich ist sie wieder schön raffiniert und schrullig geworden. Die Stimme hat sich Green noch mal eine Oktave runtergesoffen, es gibt wieder Streicher zu hören. Und doch hält sich “Jacket” eher an seinen Vorgänger, statt zurück auf “Friends Of Mine” zu schielen. Bei munterem Geklampfe und hurtigem Georgel geht es zu wie im Zirkus, all diese Zwei-Minuten-Songs finden Zeit für einen kleinen Ausraster. Und wie sehr ihn der Hafer dabei stechen kann, beweist Green mit “C-Birds”, das zum Mantra eines Brummbärenchors interessiert an einer E-Gitarre herumfingert. Besser sind da schon das hochglänzende “Pay The Toll und “Animal Dreams”, das am Ende noch zum Humptata-Marsch wird. Und überhaupt hat das diesmal eine Menge von dem trashigen Charme einer Musical-AG-Aufführung in der nächstbesten Schulaula. Die Kulissen sehen billig aus, es geht eine Menge schief – aber am Ende gibt es trotzdem stehende Ovulationen. Die Eltern werden sich außerdem freuen, dass Green seine Texte entschärft hat. “Bob Dylan was a vegetables son.” Grüner wirds diesmal nicht.
Daniel Gerhardt – 8
Beduselt sitzt man am Strand; da kommt dieser verpeilte Knabe mit seiner tighten Band gerade gelegen. Als der Abend noch offen ist für eine neue Richtung, betritt er die Bühne und schenkt den 40 Besuchern eines dieser Erlebnisse: “Und dann war da noch dieser Adam Green. Echt putzig. Hier, wir haben eine CD gekauft. Könnt ihr euch mal brennen.” Im nächsten Jahr fährt man noch mal dorthin. An den Strand, zu Adam. Er hat jetzt sogar eine größere Band, aber die Freunde, die ihn zum ersten Mal sehen, freuen sich doppelt so doll. Adam Green. “Grüner wirds nicht”, titelte der Rolling Stone 2005 und hatte Recht. Denn das war zu der Zeit, als der smart anmutende New Yorker, den in seiner Heimat keiner kennt, unbekümmert “Jessica” Simpson veralberte und wegen des Erfolgs damit schnell sein Album “Gemstones” aufnahm. “Jacket Full Of Danger” heißt seine neue Platte. Üppig, aalglatt produziert und mit diesem für Mittzwanziger nassforschen Timbre wird er wieder für Wohlgefühle sorgen. Aber man fragt sich, wo der junge Mann hin will. Ob es immer bei den beschwingten, aber harmlosen Popnummern bleiben wird, die nur kurz einen gewissen Zauber entfalten? Wenn ja, steht und fällt das Ganze mit den genialen Songs, die ihm nun seltener einfallen. Greens Stücken fehlt die Tiefe, um den Mixtape-Auflockerer hinter sich zu lassen. Er hat nichts falsch gemacht, aber sein Zauber ist dünn und seine Platte okay. Es steht und fällt damit, was man will, von Musik.
Jochen Schliemann – 5
weitere Platten
Engine Of Paradise
VÖ: 06.09.2019
Aladdin
VÖ: 29.04.2016
Minor Love
VÖ: 08.01.2010
Sixes & Sevens
VÖ: 07.03.2008
Gemstones
VÖ: 10.01.2005
Friends Of Mine
VÖ: 23.06.2003