Hathors
When The Sun Is Out / When Skies Are Grey
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Im Gegensatz zur toten, bandnamensgebenden ägyptischen Göttin der Kunst, Musik und Trunkenheit scheint Grunge äußerst lebendig. Hathors aus Winterthur in der Schweiz frönen mit Songs wie “Ten Thousand Days” und “Dreaming All Day Long” eindeutig dem von Flanellhemden und zerrissenen Jeans flankierten Rocksound der späten 80er und frühen 90er.
Das Trio hat einige Tricks im Repertoire, um den Sound dicker und interessanter zu machen, und traut sich seit dem Debüt 2011 immer mehr zu. Nach einigen Line-up-Wechseln scheint die Band im Einklang mit sich selbst zu sein. Das Schlagzeug gibt den Puls vor, während die schroff verzerrten Gitarren bemerkenswert eng mit dem Bass zusammenwirken.
Grunge bildet lediglich die Basis des Sounds. Ausgehend davon verfängt die Platte mit Noise- und Alternative-Rock oder füllt in “Love Is Such A Feeling” Hardcore-Strukturen ungewöhnlich auf. Wenn Sänger und Gitarrist Marc Bouffé im Refrain von “Special Bird” mit seinem emotionalen und markanten Gesang verkettete Herzen sprengt, steht fest: Hathors kommen mit ihrem fünften Album an Triggerpunkte, die andere Bands nur streifen. Die aktuelle Weltlage hinterlässt Spuren auf “When The Sun Is Out / When Skies Are Grey”. Die Band drückt die derzeit nahezu zermürbende Spaltung in einer Zuspitzung von lindernder Harmonie im andauernden Ringen mit gewaltigen Riffs aus.
Im Gegensatz zum organischen Klang und dem klaren, unaufdringlich gehaltenen Songwriting, das dennoch ungeheuer effektiv ist, steht der künstlerische Anspruch der Band. Hathors heben mit ihren Artworks und Videos den Standard, indem sie um einige Ecken denken und sich vom formelhaften Einheitsbrei absetzen. Die Ästhetik steht bewusst im Gegensatz zur Musik, ähnlich verhält es sich mit den Themen. Musikalisch klingt “When The Sun is Out / When Skies Are Grey” oft wie der perfekte Soundtrack für harte Jungs, die mit der Harley über die Landstraße düsen. Doch inhaltlich sind die Texte über Liebe, Klimakatastrophen, Depression, Body Shaming und Kriege tiefgründig und ernst, ungeschönt und kommen ohne Maske aus – ganz anders, als man es bei derart breitbeinig auftretendem Rock erwarten würde.
Und auch Pop-Anleihen jubeln Bouffé, Bassistin Sarah Zaugg und Schlagzeuger Dominique Destraz einem so gekonnt unter, dass man sie lediglich subtil spürt und nie das Gefühl hat, zugunsten von Eingängigkeit manipuliert zu werden. Alben wie dieses können zwar nicht die Welt retten, aber den Moment.
Das steckt drin: Mudhoney, Pixies, Tad
weitere Platten
Grief, Roses & Gasoline
VÖ: 22.05.2020
Panem Et Circenses
VÖ: 07.04.2017
Brainwash
VÖ: 08.05.2015
Hathors
VÖ: 04.04.2011