Heatmiser
The Music Of Heatmiser
„Eine Symbiose aus Beatles und Sebadoh“, hört Autor Ralf G. Poppe in seiner Visions-Review aus dem Oktober 1996 zum dritten Heatmiser-Album “Mic City Sons”, wirft auch noch die Britpop-Urgesteine Cast und Gene in die Lostrommel, “amerikanischer LoFi englischer Prägung”, sein Fazit.
Das ist alles zutreffend und doch, wer etwa einen Blick in den Albumtrailer zu “The Music Of Heatmiser” wirft, benannt nach dem ersten Demo der Band von 1992, oder an irgendeiner anderen Stelle ins Werk der Gruppe um Sänger und Gitarrist Elliott Smith hört, könnte meinen, es läge eine Verwechslung vor. Weniger umständlich ausgedrückt: Heatmiser haben in ihrer fünfjährigen Karriere, von 1991 bis 1996, so einiges an klanglichen Inkarnationen durchlaufen.
Wie euphorisierend und abwechslungsreich das alles heute noch klingt, lässt sich jetzt auf dieser Compilation nachempfinden. Den Ausgangspunkt bilden die erwähnten sechs Demosongs, dazu gibt es die Stücke der “Cavity Search”-Single, einiges an Liveaufnahmen, selten gehörte Songs und zuvor unveröffentlichtes Material. Spoiler-Alert: Wer den fragilen Sound des 2003 verstorbenen Singer/Songwriters Smith erwartet, wird womöglich enttäuscht, hier geht es in weiten Teilen härter zur Sache.
Der besondere Reiz, abgesehen vom ausgeprägten kompositorischen Talent der beteiligten Musiker, liegt auch im schwer greifbaren Stil von Heatmiser. Ein Song wie “Lowlife” wird von zappeligen Breaks getragen, “Bottle Rocket” und “Buick” durchweht die Dringlichkeit früher Pearl Jam, “Just A Little Prick” groovt mit angekratztem Funk – und das ist erst der Anfang. Im Verlauf der Songsammlung erschließt sich an Heatmiser auch das klangliche Mosaik der ersten Hälfte der 90er. Da stecken Post- und Hard- und Emocore drin, klassische Skatepunk-Details, dann wieder synkopierte Breaks, die auch Helmet gutgestanden hätten, eine Prise fuzziger Grunge.
Kurzum: Es ist eine Platte wie eine Jahrzehnt-Best-of, von einer einzigen Band geliefert, die zwar Einflüsse hörbar integriert, dabei aber ebenso ihren eigenen Tonfall findet. Die unvergessenen Portland-Helden Heatmiser funktionieren damals wie heute als eine jener Bands, deren Vibe ansteckt, die in der Lage sind, Brücken zu bauen, keine Band, allein fürs Zuhören gemacht, sondern in ihrer DNA auch mit der Idee des DIY ausgestattet. Musik, die nicht nur Lust darauf macht, am selben Tag noch auf ein Konzert zu gehen, sondern direkt danach eine eigene Band wie Heatmiser zu gründen.
Das steckt drin: Bullet LaVolta, Jawbox, Samiam
weitere Platten
Mic City Sons
VÖ: 29.10.1996