Immerhin schwingt immer eine Portion Pop mit.” Damit hat er sie beim Schopfe, diese gegen den Strich gebürstete Platte. 14 Songs, deren Summe etwa so greifbar ist wie ein Haufen Hähnchen, die vor Metzgers Klinge flüchten. Drei Stimmen, ein Akzent und so viel Talent, dass die Futureheads grün vor Neid werden müssen. Songstrukturen, die im Dreieck hüpfen und trotzdem melodieselig sind. Der aus Ermangelung an Adjektiven nicht zu beschreibende Gitarrensound verlockt zu einem Vergleich mit Minus The Bear. Die Post-Popper können sich manchmal auch vor skurrilen Ideen und Songtexten kaum retten. Doch wo den Amis der rechte Kniff zum Hit fehlt, kommen Hot Club De Paris mit einem Heer der Unwiderstehlichkeiten ums Eck. Jede Note, jedes Plingplong versprüht so viel Spielspaß, als hätte man einen Kindergarten über Nacht bei Toys’R’Us eingesperrt. Aber, man muss für die heißen Clubber aufgelegt sein. Müde Geister mit labiler Psyche und A.D.S., bitte zusammenreißen! Die Band macht kribbelig, kratzt auf. Ruhige Kuscheligkeit ist hier nicht zu finden. “Vorsicht! Hyperaktive Actionmucke!” sollte auf einem Sticker auf der Platte pappen. In neongelb. Musik wie ein Energydrink, der neben Flügeln auch Sprungfedern unter den Mauken, gesunde Gesichtsfarbe und unkontrollierbare Zwerchfellkrämpfe verleiht. Was für geniale Schelme!
Jan Schwarzkamp – 10
Es ist schon ein Kreuz mit diesen Trendpostillen, die den Puls der Zeit für sich gepachtet zu haben glauben. Manchmal haben sie Recht mit ihrer begeisterten Dringlichkeit, uns eine Band als neuen Gratmesser der absoluten Coolness zu verkaufen – siehe Franz Ferdinand oder Interpol; nicht selten fragt man sich aber, was das nun wieder alles soll. Aktuellstes Hype-Beispiel sind diese enorm britischen Versuchsfummler, die mit Lust und Vorsatz jede songwriterische Stimmigkeit ignorieren und eine Art hyperaktives Neowave-Hörspiel zusammenholpern. Ihre Musik besteht aus vielen Dutzend Mini-Parts, die einigermaßen wahllos aneinander geklatscht werden, weder rhythmisch noch harmonisch irgendwas mit dem Teil davor zu tun haben und ganz offenbar vor allem eines sollen: Zeigen, was für hitzige und zugleich arschlässige Burschen diese drei Polohemd tragenden Lads doch sind. Brauchbare Melodien muss man mit der Lupe suchen, ein Zusammenspiel der Instrumente ist zumeist nicht nur nicht existent, sondern offensichtlich überhaupt nicht gewollt. Da hoppelt das Schlagzeug wie ein mit Stromstößen bearbeiteter Ochse, die Gitarren verheddern sich in betont unpräzise rausgespielten Licks mit Wahllos-Charakter. Ein paar Extrapunkte gibt es für den Mut, einen derart halbgaren Schwachsinn überhaupt zu veröffentlichen. Doch abgesehen davon bleibt einzig die Frage, wer ihr Ritalin versteckt hat. Wie ein Hundertmeterlauf für Orientierungslose, bei dem sie selbst den Startschuss schon verpasst haben.
Sascha Krüger – 5
weitere Platten
Free The Pterodactyl 3
VÖ: 04.02.2011
Live At Dead Lake
VÖ: 22.08.2008