“Entschuldige den langen Brief, für einen kurzen fehlte mir die Zeit”, ist ein Zitat, das verschiedenen Philosophen zugeschrieben wird. Es könnte in leicht abgewandelter Form aber auch von Iron Maiden-Boss Steve Harris an seine Fans gerichtet sein. Wie alle anderen Alben seit dem bislang letzten restlos überzeugenden “Brave New World” von 2000 krankt auch “Senjutsu” an Schwächen im Arrangement der guten Ideen. Nicht auszudenken, was für ein Album hätte entstehen können, wenn Harris noch einmal die Demut aufgebracht hätte, sich einem externen Produzenten unterzuordnen, der die Songs in stringentere Strukturen gegossen hätte. So wurde Kevin Shirley ausschließlich die Rolle des Engineers zuteil. In dieser Funktion sorgt er allerdings für ein sehr natürliches Soundbild, das nichts mit der Sterilität vieler moderner Metal-Produktionen zu tun hat. Aber zu den Songs: “Senjutsu” beginnt mit dem Titelsong, der das Album ungewöhnlich getragen eröffnet, mit seinem stampfenden Rhythmus und orientalischen Skalen etwas an “To Tame A Land” erinnert, und mit einem zurückhaltenden, aber effektiven Chorus aufwartet, wie man ihn von der Band in der Form noch nicht gehört hat. Es folgt mit Stratego eines der Album-Highlights, zusammen mit “Days Of Future Past” der stärkste Song des Albums. Bezeichnenderweise sind die beiden auch die kürzesten – hier haben Iron Maiden effektiv komponiert. “Lost In A Lost World” wirkt von der Struktur etwas wie “Infinite Dreams”, allerdings ist die Verbindung der Parts nicht immer ganz schlüssig, und “The Darkest Hour” ist ein einnehmendes, dunkles Epos, das auch auf einem Bruce Dickinson-Soloalbum stehen könnte. Problematisch wird erst das Ende mit drei Kompositionen von Harris, die alle deutlich die Zehn-Minuten-Marke reißen, es aber bis auf den versöhnlichen “Closer Hell On Earth” nicht schaffen, über diese Distanz auch die Spannung zu halten – dabei war das Langformat einst eine Paradedisziplin der Band. Heute verlässt sich Harris zu sehr auf seinen Standard, den Song mit dem gleichen Folk-Part zu beenden, mit dem er begonnen hat, gibt sich zu wenig Mühe beim Anschluss der Intros an die Songs und arbeitet zu selten klare Refrains heraus. Feierliche Momente und Melodien, wie sie nur diese Band zu kreieren vermag, bietet “Senjutsu” trotzdem, an der mangelnden Fokussierung der Band in ihrem Karriereherbst ändert das allerdings nichts.
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