Ich merk nix! So sagt man üblicherweise, wenn die Drogen nicht wirken. Ich merk nix! ist auch das Fazit beim Hören des vierten Soloalbums von James LaBrie unter eigenem Namen. Der Sänger der Prog-Metal-Klassenbesten Dream Theater ist mit einer Horde hochklassiger Mi(e)tmusiker gesegnet, allen voran Schlagzeugtier Peter Wildoer von Darkane. Er und seine Kollegen sind Messis und Götzes in ihrem Fach, können dem Entwurf aber leider nicht einhauchen, was auch Dream Theater meistens fehlt: emotionale Tiefe. Bei LaBries Hauptband macht das nichts, da sie allein von der Faszination konsequenter spielerischer Höchstleistung lebt. Genau diese Komplexität am oberen Streberlimit schraubt LaBrie zugunsten griffigen Pop-Appeals nach unten, so dass Songs wie Back On The Ground entstehen, die man in ihrem seltsam naiven Charme gnadenloser Direktheit ähnlich genießen kann wie einen Panorama-Schuss auf Lincoln Hawks Truck in einer Übergangsszene von Over The Top. Wenn LaBrie allerdings in Amnesia eine Gesangsintonation verwendet, als würde er der 90er-Jahre-Boyband-Ästhetik neues Leben einhauchen wollen und sich in Say Youre Still Mine zu einer unfassbar banalen Pflichtballade versteigt, kommt Fremdscham auf. Am anderen Ende der Skala wiederum lässt er Drummer Wildoer einige Songs mittels Growls bemüht aufrauen, was eine andere Sackgasse darstellt. Beide Extreme also, die Impermanent Resonance von wirklich fantastischen Dream-Theater-Platten wie Train Of Thought unterscheiden, funktionieren nicht. Ich merk nix! gilt nahezu durchgängig. Es sei denn, man ist reiner Aufnahme- und Spieltechnikfreak.
Prog Metal
Pop
Power Metal
Für Fans von:
Dream Theater
“Falling Into Infinity”
Edguy
“Theater Of Salvation”
weitere Platten
Beautiful Shade Of Grey
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Static Impulse
VÖ: 24.09.2010