Melancholische Klangszenerien mit TripHop-Anleihen verweisen auf Portishead mit männlichem Gesang.
Jay Jay Johanson ist Anfang dreißig und kommt aus Schweden. Seine Musik klingt zunächst fremdartig, weil der Gesang für heutige Verhältnisse ungewohnt dandyhaft und maniriert anmutet. In einigen Momenten entsteht gar der Eindruck, die Stimme sei von einer alten Schellack-Platte aus den 20er Jahren gesamplet. Nach längerem Hören stellt sich jedoch heraus, dass sich diese Art des offensiv inszenierten Gesangs perfekt in die musikalische Mischung aus karibischen Klängen, Chanson und Cafe-Haus-Jazz einfügt. Alle Stücke handeln von vergangener Liebe, Einsamkeit oder Beziehungsproblemen aufgrund von räumlicher Entfernung. Die daraus resultierende Sehnsucht, sich der Welt zu entziehen, wird sehr eindringlich in Escape beschrieben, in dem das lyrische Ich sich vorstellt, in einem abgelegenen Haus auf einem Berg zu leben und seine Zeit damit zu verbringen dem Meer zuzusehen. Wie der Songtitel schon anzeigt, ist das natürlich purer Eskapismus, aber so verführerisch umgesetzt, dass es Sinn macht. Die Zuhörer zu bestimmen scheint das zentrale Anliegen Jay Jay Johansons zu sein – wenn man offen ist für tieftraurige Musik, die noch nie das Tageslicht gesehen hat und keine Angst vor unverhohlenem Selbstmitleid hat, sei diese CD sehr empfohlen. Zu bedenken bleibt allerdings, dass Poison zwar Katharsis-Potenzial besitzt, aber andererseits die Gefahr in sich birgt, einen trauriger zu machen als man tatsächlich ist. In jedem Fall ist das eine Leistung, die nur ein überzeugendes, toll gemachtes Soul-Album der etwas anderen Art wie dieses vollbringen kann.
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VÖ: 01.01.1900